Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Arbeitskräfte-Einwanderung

Rechtsrahmen für Beschäftigung von Arbeits- und Fachkräften aus Drittstaaten im Gastgewerbe verbessert - Beschleunigung und Entbürokratisierung müssen jetzt folgen!

Am 18. August 2023 wurde das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung („FEG 2.0“) im Bundesgesetzblatt verkündet, außerdem wurde die Beschäftigungsverordnung aktualisiert. Die verschiedenen Änderungen und neuen Aufenthaltstitel treten gestaffelt in Kraft. Ein wichtiger Meilenstein für das Gastgewerbe wurde dabei am 1. März 2024 erreicht: Das Wirksamwerden der kurzzeitigen kontigentierten Zuwanderung sowie der sog. Erfahrungssäule.

Insgesamt bewertet der DEHOGA den neuen Rechtsrahmen als wichtigen und überfälligen Schritt in die richtige Richtung. Mehrere Forderungen, die wir über Stellungnahmen und in zahlreichen Gesprächen mit Ministerien und Politik eingebracht hatten, werden darin aufgegriffen. Gerade in den letzten Wochen vor Verabschiedung hatte es nochmals einige für das Gastgewerbe wichtige Verbesserungen gegeben, so bei den Anschlussperspektiven nach einer Chancenkarte, bei den Anforderungen an Deutschkenntnisse und bei der Ausweitung der Westbalkanregelung. Wichtig ist auch, dass beruflich bereits integrierte und qualifizierte Geflüchtete, die jetzt schon in Deutschland sind, die Möglichkeit erhalten, aus dem Asylverfahren in das System der Erwerbsmigration zu wechseln. Bedeutsam für die Branche ist weiter, dass das bisherige starre Festhalten an deutschen Vorstellungen von einer „Fachkraft“ zumindest ein Stück weit gelockert wurde. Denn im Gastgewerbe wie auch in vielen anderen Branchen fehlen auch Mitarbeiter ohne formal anerkannte Qualifikation.

Zwar werden längst nicht alle Erwartungen des Gastgewerbes an eine vorausschauende und wachstumsorientierte Einwanderungspolitik erfüllt. Insbesondere sind die Schritte für Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation noch zu zaghaft, die Regelungen sind teilweise überkomplex und enthalten immer noch viele Hürden. Es ergeben sich aber für engagierte Hoteliers und Gastronomen interessante zusätzliche Möglichkeiten, die dringend benötigten Fach- und Arbeitskräfte aus Drittstaaten einzustellen.

Wie geht es jetzt weiter?

Am 1. Juni 2024 tritt die neue sog. Chancenkarte als letzte große Änderung durch das FEG 2.0 in Kraft.

Bis zu einer funktionierenden Erwerbsmigration wird es aber auch nach Inkrafttreten aller Rechtsänderungen noch ein weiter Weg sein. Denn die Vorschriften sind das eine – ihre Umsetzung in den Behörden ist das andere. Dass es hier vielfach noch großen Verbesserungsbedarf gibt, haben auch die Abgeordneten der Ampelfraktionen im Bundestag erkannt und fordern die Bundesregierung auf, die Möglichkeiten der Zentralisierung der Verfahren bei der Bundesagentur für Arbeit, dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, anderen Behörden oder einer neuen Behörde zu prüfen, um so eine Effizienzsteigerung zu erreichen. Auch die Schaffung einer digitalen Einwanderungsagentur soll geprüft werden. Der DEHOGA hat außerdem darauf hingewiesen, dass häufig vor allem Visastellen und Ausländerbehörden das Nadelöhr sind. Hier werden wir weiter nicht nachlassen, Beschleunigung und Entbürokratisierung einzufordern und in ständigem Dialog mit den zuständigen Ministerien und Behörden zu bleiben.

Außerdem müssen Unternehmen beim Auslandsrecruiting organisatorisch und finanziell unterstützt werden.

Der DEHOGA kämpft politisch dafür, dass dieser Weg weiter konsequent beschritten wird: Mit arbeitsmarktorientierten Gesetzen, aber auch mit funktionierenden Behörden und unbürokratischen Visaverfahren, guten Deutschkursen und professioneller Arbeitsvermittlung, Willkommenskultur und Integration.

Außer der gezielten Einstellung von Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland bleibt es sehr wichtig, für eine bessere Integration der bereits in Deutschland lebenden Zugewanderten in den Arbeitsmarkt zu sorgen, insbesondere von Geflüchteten. Hier ist das Gastgewerbe bereits Vorreiter, benötigt aber weitere staatliche Unterstützung für unkomplizierte Arbeitsgenehmigungen, Deutschkurse und bei der Schaffung von Wohnraum und Kinderbetreuung. Im Herbst 2023 hat die Bundesregierung einen „Job-Turbo“ für Geflüchtete angekündigt. Hier müssen den Worten Taten folgen. Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, damit Menschen in Deutschland arbeiten können und wollen. Fehlanreize durch Fehler im staatlichen Transfer-System sind zu beseitigen. Arbeit im Team, der Kontakt mit Kollegen und Gästen ist der beste Motor für Integration!

FAQ

Für Gastronomen und Hoteliers, die sich über die Neuerungen bei der Einstellung von Fach- und Arbeitskräften sowie Auszubildenden aus Drittstaaten informieren wollen, beantwortet der DEHOGA die häufigsten Fragen aus der Branche zum FEG 2.0  in den folgenden FAQ. Einen guten Überblick über die Beschäftigung von Arbeitskräften und Auszubildenden aus dem Ausland bietet außerdem www.make-it-in-germany.com. Auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit finden Sie einen neu gestalteten Bereich zum Thema Arbeitskräfte aus dem Ausland, wo auch online Anträge gestellt werden können: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/arbeitskraefte/fachkraefte-ausland

DEHOGA-Mitglieder erhalten individuelle Unterstützung in Ihrer DEHOGA-Geschäftsstelle.

1. Wird es jetzt einfacher, Arbeitskräfte von außerhalb der EU einzustellen?

Ja und nein. Das System der Erwerbsmigration im deutschen Recht ist durch das FEG 2.0 nicht einfacher, sondern eher komplizierter geworden. Das liegt daran, dass neue Aufenthaltstitel dazukommen, die teilweise sehr komplexe Voraussetzungen haben. Dennoch: Für die Unternehmen der Gastronomie und Hotellerie gibt es jetzt mehr Möglichkeiten, Mitarbeiter aus Drittstaaten einzustellen, als bisher. Wer sich auf den Weg macht, den Regelungsdschungel zu durchleuchten, wird darin neue Wege finden. Der DEHOGA unterstützt seine Mitglieder dabei.

2. Welche Möglichkeiten gibt es zukünftig, Aushilfen oder Arbeitskräfte für Helfertätigkeiten aus Drittstaaten einzustellen?

Die Reform ist in erster Linie auf Fachkräfte gerichtet. Es gibt aber auch einige Regelungen, die auf Verbesserungen für Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation zielen. Dazu zählen insbesondere die erweiterte Westbalkanregelung, die sog. kurzfristige kontingentierte Beschäftigung und die neue Chancenkarte.

Der DEHOGA hat im Gesetzgebungsverfahren sowie medial deutlich gemacht, dass auch für Hilfskräfte ein wachsender Bedarf besteht. Daraufhin wurden weitere Verbesserungen angekündigt. Der DEHOGA wird weiter einfordern, dass diese auch tatsächlich umgesetzt werden.

3. Was ändert sich bei der Westbalkanregelung?

Die Westbalkanregelung ermöglicht es seit 2016 Staatsangehörigen der sechs Westbalkanstaaten (das sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien), im Rahmen eines festgelegten Kontingents unabhängig von ihrer Qualifikation, in Deutschland zu arbeiten. Erforderlich sind dafür lediglich ein verbindliches Arbeitsplatzangebot eines Arbeitgebers in Deutschland und ein Visum. Es wird eine Vorrang- und eine Vergleichbarkeitsprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit durchgeführt.

Die Regelung war bisher bis zum 31.12.2023 befristet. Diese Befristung wird jetzt aufgehoben, und das Kontingent ab dem 01.06.2024 von 25.000 auf 50.000 verdoppelt. Das sind zwei Maßnahmen, die der DEHOGA gefordert hatte und begrüßt.

In letzter Minute beschlossen die Ampelfraktionen im Gesetzgebungsverfahren außerdem eine Entschließung, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die sogenannte Westbalkan-Regelung „zu einem Teil des Instrumentenkastens für Migrationsabkommen zu machen“. Wenn mit einem Staat ein Migrationsabkommen mit der analogen Anwendung der Westbalkan-Regelung geschlossen wird, soll das darin verhandelte Kontingent nicht auf das bestehende Kontingent der Westbalkan-Staaten angerechnet werden. Der DEHOGA begrüßt dieses Vorhaben und wird in Zukunft darauf dringen, dass mit geeigneten Ländern solche Abkommen geschlossen werden.

4. Das klingt ja sehr einfach. Kann ich dann meine benötigten Anlernkräfte einfach in den Westbalkanländern suchen und einstellen?

Die Verdopplung des Kontingents auf 50.000 wird für Entlastung sorgen, dies deckt aber bei weitem nicht den Bedarf, denn auch Branchen wie die Bauwirtschaft fragen diese Mitarbeiter stark nach.

Das Nadelöhr bei der Westbalkanregelung sind insbesondere die Visaverfahren bei den deutschen Botschaften in den Westbalkanstaaten. Hier übersteigt die Nachfrage von Arbeitskräften das zur Verfügung stehende Terminangebot zur Antragstellung um mehr als das Hundertfache. Die Arbeitskräfterekrutierung über diesen Weg ist daher kaum zu kalkulieren. Hier muss das Auswärtige Amt seine Hausaufgaben machen, die Visaverfahren vereinfachen und beschleunigen, auch durch Digitalisierung, und die Prozesse verbessern. Im neuen Gesetz findet sich dazu wenig, wir wissen aber, dass im Hintergrund an diesen Themen gearbeitet wird. Hier wird der DEHOGA weiter Druck machen.

5. Warum gibt es nicht auch für andere Staaten solche Kontingente mit einfachen Regelungen?

Die Westbalkanregelung hat eine ganz besondere Entstehungsgeschichte: Sie ist nach der Flüchtlingskrise 2015/2016 geschaffen worden, um dem Strom von Menschen, die ohne Aussicht auf Asyl über die Balkanroute in die EU kamen, eine Option auf gesteuerte Erwerbsmigration zu geben.

Wir denken, dass es jetzt an der Zeit ist, die Idee der Westbalkanregelung auch auf andere Staaten zu übertragen. Denn mittlerweile können wir in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung unseren Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr mit Kräften aus Deutschland und der EU decken. Wir brauchen also einfache Zuwanderungsmöglichkeiten auch für Hilfskräfte. Aus Sicht des DEHOGA kommen dafür insbesondere der südostasiatische Raum, Indien, Kaukasusstaaten wie Georgien und die EU-Beitrittskandidaten (soweit sie nicht ohnehin zum Westbalkan gehören) in Betracht.

Der DEHOGA fordert eine solche Erweiterung ein. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, entsprechende Migrationsabkommen zu prüfen. Der Bundestag hat verstärkend außerdem eine Entschließung beschlossen, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die sogenannte Westbalkan-Regelung „zu einem Teil des Instrumentenkastens für Migrationsabkommen zu machen“. Wenn mit einem Staat ein Migrationsabkommen mit der analogen Anwendung der Westbalkan-Regelung geschlossen wird, solle das darin verhandelte Kontingent nicht auf das bestehende Kontingent der Westbalkan-Staaten angerechnet werden. Hier müssen den Worten Taten folgen.

6. Insbesondere in der Saison brauche ich in meinem Betrieb zusätzliche Arbeitskräfte. In Deutschland finde ich diese nicht, aber für viele Drittstaatler wären solche Saisonjobs doch sehr attraktiv. Hilft die geplante Reform hier weiter?

Wir hoffen: Ja.

In der Beschäftigungsverordnung ist eine neue Regelung enthalten, die eine „kurzfristige kontingentierte Beschäftigung“ ermöglicht. Diese Regelung ist am 1. März 2024 in Kraft getreten.

Das bedeutet: Die Bundesagentur für Arbeit kann eine am Bedarf orientierte Zulassungszahl (Kontingent) festlegen. Das hat die BA getan, das Kontingent liegt pro Kalenderjahr derzeit bei 25.000. Dadurch kann für Drittstaatler jetzt eine Arbeitserlaubnis für bis zu 8 Monate innerhalb eines Zulassungszeitraums von 12 Monaten beantragt werden. Der konkrete Betrieb darf über diese Regelung 10 Monate innerhalb von 12 Monaten Mitarbeiter beschäftigen. Bedingungen für einen Aufenthaltstitel nach dieser Regelung sind:

  • eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 30 Stunden wöchentlich
  • Tarifbindung des Arbeitgebers an einen Entgelttarifvertrag gemäß § 3 (normative Tarifbindung) oder § 5 (AVE) Tarifvertragsgesetz
  • Beschäftigung zu geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen
  • Arbeitgeber trägt die Reisekosten

Ein Vorabprüfungsverfahren muss vorgeschaltet werden. Für Betriebe mit schwankendem Arbeitskräftebedarf über den Jahresverlauf können sich dadurch interessante neue Möglichkeiten ergeben, Saisonkräfte aus Drittstaaten einzustellen. Damit hat die Bundesregierungen auch auf Forderungen des DEHOGA reagiert, zusätzliche Optionen für die Saisonbranche Gastgewerbe zu schaffen.

7. Was ist die sog. Chancenkarte?

Der Chancenkarte ist der Einstieg Deutschlands in ein Punktesystem, wie es das in klassischen Einwanderungsländern des Commonwealth schon lange gibt. Die Idee dahinter ist, dass Menschen, die Potenziale mitbringen, die ihnen gute Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt bieten, die Möglichkeit erhalten sollen, vor Ort und in direktem Kontakt mit potenziellen Arbeitgebern einen Job zu finden.

Wer eine Chancenkarte erhält, darf für max. 12 Monate einreisen, um in Deutschland nach einem Job zu suchen. Während dieser Zeit darf der Bewerber eine Nebenbeschäftigung bis zu 20 Stunden pro Woche ausüben. Auch Probearbeiten für jeweils max. 2 Wochen sind zulässig.

Voraussetzungen, um eine Chancenkarte zu erhalten, sind:

  • Lebensunterhalt für die Zeit der Suche gesichert
  • Deutschkenntnis mindestens auf dem Niveau A1 oder Englischkenntnisse Niveau B2
  • ausländische Berufsqualifikation (im Herkunftsland staatlich anerkannt, mindestens 2 Jahre) und
  • mindestens 6 Punkte

Die Chancenkarte tritt am 1. Juni 2024 in Kraft.

8. Was muss der Bewerber vorweisen, um mindestens 6 Punkte zu bekommen?

Es gibt Punkte für verschiedene Dinge und sehr viele unterschiedliche Kombinationen, wie man die 6 Punkte erreicht, z.B. durch zusätzliche Punkte für:

  • bessere Deutsch- oder Englischkenntnisse
  • ein bereits durchgeführtes Anerkennungsverfahren, bei dem teilweise Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses und Anpassungsbedarf festgestellt wurden
  • einschlägige Berufserfahrung: 2 oder 3 Punkte je nach Dauer
  • ein Alter unter 35 bzw. unter 40 Jahre
  • einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland in der Vergangenheit
  • einen „Paten“ in Deutschland

9. Dürfen Inhaber der Chancenkarte während des Suchens in Deutschland arbeiten?

Ja, allerdings nur in begrenztem Umfang.

a) Während der Dauer, für die die Chancenkarte ausgestellt wurde, darf deren Inhaber eine Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche ausüben. Der Arbeitgeber sollte sich vom Mitarbeiter bestätigen lassen, dass dieser keine weiteren Arbeitsverhältnisse hat bzw. eingehen wird.

b) Während der Dauer, für die die Chancenkarte ausgestellt wurde, darf deren Inhaber für Probebeschäftigungen von jeweils maximal zwei Wochen Dauer eingesetzt werden. Zulässig sind nur qualifizierte Probebeschäftigungen oder solche, die auf eine Ausbildung oder eine Anerkennungspartnerschaft abzielen. Es geht nicht um einen regulären Arbeitseinsatz, sondern das gegenseitige „Beschnuppern“ und Ausloten, ob eine längerfristige Anschlussbeschäftigung funktionieren kann. Für Arbeitgeber empfiehlt sich, die Vereinbarungen zu dokumentieren und auch festzuhalten, welche Art der Anschlussbeschäftigung ins Auge gefasst wurde. Der Inhaber der Chancenkarte darf unbegrenzt viele Probebeschäftigungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern durchführen.

10. Kann die Chancenkarte verlängert werden, wenn sich innerhalb der 12 Monate noch nicht abzeichnet, ob eine Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses möglich sein wird?

Ja, hier hat es erfreulicherweise auf Kritik auch des DEHOGA hin noch eine wesentliche Verbesserung im Gesetzgebungsverfahren gegeben:

Ursprünglich war vorgesehen, dass die Chancenkarte ausschließlich einen Suchtitel für maximal 12 Monate gewähren sollte. Danach war für Inhaber der Chancenkarte keine sinnvolle Anschlussperspektive vorgesehen. Hier wurde nachgebessert. Nach der 12-monatigen Such-Chancenkarte gibt es jetzt die Möglichkeit, diese um bis zu zwei Jahre als Folge-Chancenkarte zu verlängern, wenn der Drittstaatler einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsangebot für eine qualifizierte Beschäftigung hat. Das verschafft Mitarbeitern und Arbeitgebern Luft und hilft insbesondere in Fällen, in denen eine  Anerkennung des ausländischen Abschlusses als gleichwertig mit einem deutschen Abschluss nicht (zeitnah) erfolgen kann

11. Werden unbegrenzt viele Chancenkarten ausgestellt?

Das Innenministerium kann jederzeit eine Begrenzung festlegen, wenn der Arbeitsmarkt oder begrenzte Kapazitäten der Behörden dies erfordern.

12. Die Reform zielt weiterhin hauptsächlich auf Fachkräfte. Ist das denn nicht unrealistisch? Eine duale Berufsausbildung, wie wir Sie in Deutschland haben, gibt es doch in den meisten Drittstaaten nicht.

Es ist richtig, dass das System der dualen Berufsausbildung weltweit eher die Ausnahme als die Regel ist. „Fachkraft“ bedeutet aber jetzt eben nicht mehr zwingend, dass der Drittstaatler einen Ausbildungsabschluss im deutschen Sinne haben muss. Folgende Varianten sind möglich und im Gastgewerbe – heute oder in Zukunft – von praktischer Relevanz:

a) Schon bisher konnten Drittstaatler, die einen ausländischer Berufsabschluss haben, der als gleichwertig mit einem deutschen Berufsabschluss anerkannt wurde, eine Arbeitsgenehmigung erhalten. Das bleibt auch so. Für die Anerkennung ist für die gastgewerblichen Ausbildungsberufe die IHK FOSA zuständig.

Die Anerkennung ist häufiger als viele denken, insbesondere bei den Köchen. Dort endeten im Jahr 2021 726 Anerkennungsverfahren mit einem Bescheid auf volle Gleichwertigkeit. Bei den Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufen waren es 144. Es ist erforderlich, diese Zahlen weiter zu erhöhen. Deshalb fordert der DEHOGA eine Vereinfachung der heute sehr langwierigen, individuellen Anerkennungsverfahren der IHK FOSA.

b) Ein Teil der Anerkennungsverfahren endet heute mit einem Bescheid der IHK FOSA, der die teilweise Gleichwertigkeit bescheinigt. Das hat dann zur Folge, dass auch eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden kann, allerdings nur befristet und unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber eine Anpassungsqualifizierung ermöglicht. Mit Hilfe dieser Qualifizierungsmaßnahmen, die ggf. auch betrieblich und praktisch durchgeführt werden können, wird der Weg hin zur vollen Gleichwertigkeit geebnet.

Für die Anpassungsqualifizierung steht zukünftig mehr Zeit zur Verfügung: Maximal 3 statt bisher 2 Jahre. Außerdem wird der Zeitumfang der Beschäftigung, die unabhängig von der Qualifizierungsmaßnahme ausgeübt werden darf, von 10 auf 20 Wochenstunden erhöht. Diese Änderungen erleichtern die Durchführung von Anpassungsqualifizierungen und werden deshalb vom DEHOGA begrüßt. Außerdem wird mit der Anerkennungspartnerschaft ein neues Instrument eingeführt, wie Arbeitgeber und Mitarbeiter gemeinsam den Weg zur vollen Anerkennung beschreiten können.

c) Manche Qualifikationen, die in Deutschland typischerweise über eine duale Ausbildung erlangt werden, werden in anderen Staaten über ein Hochschulstudium erlangt. Wenn die ZAB (das ist die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der Kultusministerkonferenz) einen ausländischen Studienabschluss als gleichwertig mit einer deutschen Berufsausbildung anerkennt, kann eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden. Das kann manchmal einfacher sein als die Anerkennung der IHK FOSA, weil keine Einzelfallprüfung notwendig ist.

Diesen Weg geht die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) z.B. in Kooperation mit dem DEHOGA im Rahmen des Projektes Comex (Vermittlung von Köchen aus Mexiko).

d) Die Reform sieht außerdem die Ausweitung der sog. „Erfahrungssäule“ vor. Darüber können auch Fachkräfte mit einem ausländischen Berufsqualifikation aber ohne Anerkennungsverfahren unter bestimmten (allerdings engen) Voraussetzungen einen Aufenthaltstitel erhalten.

13. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Menschen über die „Erfahrungssäule“ in Deutschland beschäftigt werden?

Bisher war die Möglichkeit, mit „ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung“ aber ohne anerkannten Berufsabschluss in Deutschland zu arbeiten, auf IT-Kräfte beschränkt. Diese Regelung wird durch die Reform auf alle Berufe ausgeweitet. Auf der anderen Seite werden allerdings die Voraussetzungen strenger. Die Regelungen zur Erfahrungssäule sind am 1. März 2024 in Kraft getreten und setzen folgendes voraus:

Eine Beschäftigung über diese sog. Erfahrungssäule wird zukünftig voraussetzen:

  • Qualifizierte Beschäftigung
  • Mindestens 2-jährige, in den letzten 5 Jahren erworbene einschlägige Berufserfahrung
  • Arbeitsplatz mit einem Gehalt von mindestens 45 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Das entspricht aktuell rund 3.200 € monatlich. Tarifgebundene Arbeitgeber können von dieser Schwelle nach unten abweichen.
  • Ausländische Berufsqualifikation, die in dem Staat, in dem sie erworben wurde, staatlich anerkannt ist und eine Dauer von mindestens zwei Jahren hat.

Der DEHOGA fordert, die Gehaltsschwelle, die das gastgewerbliche Tarifsystem nicht berücksichtigt, abzusenken und auf die staatliche Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation sowie die Mindestdauer von zwei Jahren zu verzichten. Gastgewerbliche Berufserfahrung und Qualifikation wird in vielen Ländern der Welt eher informell durch das Lernen bei „Meistern“ erworben.

14. Was hat man sich unter der geplanten Anerkennungspartnerschaft vorzustellen?

Bei den Anerkennungspartnerschaft können der zukünftige Arbeitgeber und der Drittstaatler eine Vereinbarung schließen, wie die wechselseitigen Aktivitäten und Pflichten aussehen, mit denen der Drittstaatler zu einem erfolgreichen Anerkennungsverfahren kommt.

15. Welche Vorteile bietet die Anerkennungspartnerschaft?

Für den Arbeitgeber bietet die Anerkennungspartnerschaft die Möglichkeit, mit einem Drittstaatler, den er z.B. über die Chancenkarte oder ein Praktikum kennengelernt hat, zu einem längerfristigen Arbeitsverhältnis als Fachkraft zu kommen.

Für den Drittstaatler bietet die Anerkennungspartnerschaft die Chance, von Deutschland aus und mit gesicherter Unterstützung seines Arbeitgebers ein Anerkennungsverfahren durchführen zu können.

Bereits während der Dauer der Anerkennungsvereinbarung besteht eine Arbeitsgenehmigung.

16. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Anerkennungspartnerschaft vereinbart werden?

Die Voraussetzungen für eine Arbeitsgenehmigung auf Grundlage einer Anerkennungspartnerschaft sind:

  • Ausländische Berufsqualifikation, im Herkunftsland staatlich anerkannt und mindestens 2 Jahre Dauer
  • Konkretes Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung
  • Vereinbarung: Drittstaatler verpflichtet sich, unverzüglich Anerkennungsverfahren einzuleiten. Arbeitgeber verpflichtet sich, von Anerkennungsstelle festgestellte Qualifizierungsmaßnahme zu ermöglichen.
  • Arbeitgeber ist für Ausbildung oder Nachqualifizierung geeignet.
  • Sprachkenntnisse mindestens A2

17. Ändert sich etwas für Drittstaatler, die eine Ausbildung in Deutschland machen wollen?

Unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen können junge Leute zur Ausbildungsplatzsuche nach Deutschland einreisen. Für diese Fälle ist die Altersgrenze von 25 auf 35 Jahre erhöht und die Dauer von 6 auf 9 Monate verlängert worden.

Der Normalfall ist allerdings, dass Azubis schon direkt aus dem Ausland in deutsche Ausbildungsbetriebe vermittelt werden. Für diesen Fall sind keine wesentlichen Rechtsänderungen geplant. Neu ab 01.03.2024: Die Vorrangprüfung entfällt.

Hinweis:

Im letzten Jahr hat die Zahl der Drittstaatler, die zum Absolvieren einer Ausbildung im Gastgewerbe nach Deutschland eingereist sind, stark zugenommen. Das bringt erhebliche Herausforderungen für Ausbildungsbetriebe und Berufsschulen mit sich.

Wer erfolgreich Azubis aus Drittstatten ausbilden möchte, muss bereit sein, Mitverantwortung für diese jungen Menschen zu übernehmen und Willkommenskultur zeigen und zu leben. Ausbildungsbetriebe, die bereits in Drittstaaten Azubis rekrutieren oder dies für die Zukunft überlegen, benötigen Knowhow. DEHOGA-Mitglieder erhalten in ihrer Geschäftsstelle die Information "Auszubildende aus Drittstaaten".

18. Unter welchen Voraussetzungen dürfen zukünftig ausländische Studierende in Deutschland einen Nebenjob ausüben?

Drittstaatler, die in Deutschland in Vollzeit studieren, dürfen einen Nebenjob im Gastgewerbe ausüben. Dieser durfte bisher max. einen Umfang von 120 Tagen oder 240 halben Tagen im Jahr einnehmen.

Diese Begrenzung wurde mit der Reform flexibilisiert: Zulässig sind jetzt Arbeitstagekonten mit entweder

  • bis zu 140 Tagen oder
  • bis zu 280 halben Tagen (max. 4 Stunden) oder
  • bei Beschäftigungen im Umfang der sog. Werkstudentenregelung, d.h. bis zu 20 Stunden je Kalenderwoche in der Vorlesungszeit und unbegrenzter Arbeitszeit in den Semesterferien, werden 2 ½ Arbeitstage pro Kalenderwoche berechnet.

19. Ändert sich etwas bei der Ferienbeschäftigung von ausländischen Studierenden?

Bisher konnten Studierende sowie Schüler ausländischer Hochschulen und Fachschulen zur Ausübung einer Ferienbeschäftigung von bis zu 90 Tagen, die von der Bundesagentur für Arbeit vermittelt worden ist, einen Aufenthaltstitel erhalten. Durch die Reform wurde diese Möglichkeit auf Hochschüler beschränkt. Schüler ausländischer Hotelfachschulen werden damit ausgeschlossen.

Diese Streichung hat der DEHOGA kritisiert, denn damit wird das berufliche Bildungssystem gegenüber dem akademischen Bildungssystem massiv benachteiligt.

20. Ändert sich etwas für ausländische Praktikanten?

Hier gibt es keine für das Gastgewerbe relevanten Änderungen.

Informationen zu den Möglichkeiten, Menschen, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, als Praktikanten zu beschäftigen, finden Sie hier.

21. Ändert sich etwas für Spezialitätenköche?

Hier gibt es keine gesetzlichen Änderungen, lediglich kleinere Anpassungen in den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit.

22. Was ist denn mit den Menschen, die bereits in Deutschland sind, aber hier nicht arbeiten dürfen? Es wäre doch viel wichtiger, diese in Arbeit zu bringen, als neue Mitarbeiter aus dem Ausland zu holen.

Wir sind überzeugt davon: Wir brauchen beides.

Natürlich ist es ungeheuer wichtig, dass Menschen, die z.B. als Geflüchtete bereits in Deutschland leben, sich hier auch ihren Lebensunterhalt verdienen. Bereits 2022 ist das sog. Chancen-Aufenthaltsgesetz in Kraft getreten, das Arbeitsgenehmigungen für Menschen mit einer sog. Duldung erleichtert. Weitere Informationen dazu finden Sie hier. Auch bei den Geflüchteten aus der Ukraine wurden rechtliche Hürden für eine Beschäftigung sehr schnell aus dem Weg geräumt.

Mit dem neuen Einwanderungsgesetz wurde für Geflüchtete außerdem ein sog. „Spurwechsel“ zugelassen: Wer vor dem 29. März 2023 eingereist ist, sich noch im Asylverfahren befindet und gleichzeitig die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel als Fachkraft besitzt, kann das Asylverfahren freiwillig beenden und stattdessen eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen, ohne zuvor auszureisen und ein Visumverfahren zu durchlaufen.

Wo noch Verbesserungsbedarf besteht, ist allerdings die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme von Geflüchteten. Deutschland hinkt den Zahlen in anderen europäischen Ländern, insbesondere bei Arbeitsaufnahmen von Geflüchteten aus der Ukraine weit hinterher. Das muss sich ändern! Die Arbeitsvermittlung muss erfolgreicher werden und Geflüchtete, die arbeiten, müssen bessere Möglichkeiten der Kinderbetreuung bekommen und Zugang zu bezahlbarem Wohnraum. Außerdem müssen mehr Anreize geschaffen werden, damit Menschen in Deutschland arbeiten können und wollen, statt im System staatlicher Transferleistungen zu verharren. Arbeit im Team, der Kontakt mit Kollegen und Gästen ist der beste Motor für Integration!

RA Sandra Warden
Geschäftsführerin
warden​[at]​dehoga.de