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Fahrtkostenzuschüsse: Nebulöser Arbeitsweg

Finanzgericht: Die neue Fahrtkostenregelung ist verfassungswidrig

Von Jürgen Benad  

„Die Arbeit beginnt am Werkstor.“ So lautet die neue Grundregel beim Thema Fahrtkostenzuschüsse. Das Niedersächsische Finanzgericht hat nun mitgeteilt, dass es diese gesetzliche Regelung in Teilen für verfassungswidrig hält.

 

Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 hatte der Gesetzgeber geregelt, dass ab dem 1. Januar 2007 als Fahrtkosten einkommensteuerrechtlich nur noch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab dem 21. Entfernungskilometer berücksichtigt werden können. Diese Neuregelung hat auch Auswirkungen auf Fahrtkostenzuschüsse, die an Mitarbeiter, insbesondere an Minijobber, gezahlt werden (siehe AHGZ vom 24. Februar).

 

Mit Vorlagebeschluss vom 27. Februar 2007 (Aktenzeichen 8 K 549/06) hat das Niedersächsische Finanzgericht nun deutlich gemacht: Die geltende Regelung in § 9 Abs. 2 EStG in der ab dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Der Senat ist der Überzeugung, dass der § 9 Abs. 2 EStG insoweit gegen Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt, als danach Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keine Werbungskosten mehr darstellen.

 

Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung vor dem Niedersächsischen Finanzgericht ist, dass zwei Eheleute einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung beim Finanzamt beantragten und dabei die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit der vollständigen, einfachen Entfernung erklärten. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen die Wege für beide Ehegatten jeweils erst ab dem 21. Kilometer und trug den daraus folgenden Freibetrag unter Anrechnung des Werbungskostenpauschalbeitrages jeweils auf der Lohnsteuerkarte ein. Dagegen wendeten sich die Eheleute mit Erfolg.

 

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat das beteiligte Finanzamt mit Beschluss vom 2. März verpflichtet, den Steuerpflichtigen den beantragten Freibetrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch für die ersten 20 Entfernungskilometer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.

 

Zu beachten ist, dass in vergleichbaren Fällen (Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte) vor einer Anrufung des Finanzgerichts immer eine ablehnende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde vorliegen muss. Weiterhin hat diese Entscheidung noch keinen Einfluss auf Fahrtkostenzuschüsse, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zahlen.

 

Diesbezüglich ist Vorsicht geboten: Wenn der Arbeitgeber Fahrtkostenzuschüsse für die ersten 20 Km zahlt und diese voll der Lohnsteuer unterwirft, kann der Arbeitnehmer die gezahlte Lohnsteuer zwar bei seiner Einkommenssteuererklärung für das laufende Jahr geltend machen, aber die vom Arbeitgeber zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge auf die Fahrtkostenzuschüsse wird er nicht zurückerhalten.

 

Es kann daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Empfehlung gegeben werden, wie mit Fahrtkostenzuschüssen umgegangen werden sollte. Es bleibt zu hoffen, dass es rasch zu einer Klärung durch das Bundesverfassungsgericht kommt.

 

Der Autor ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer im DEHOGA Bundesverband, Berlin.