Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Gesetzentwurf zur Erbschaftsteuer

Trotz Nachbesserungen sorgt die Neuregelung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Unmut

von Jürgen Benad

Das Bundeskabinett hat am 8. Juli 2015 einen Gesetzentwurf zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Zu den Regelungen im Einzelnen:

Neudefinition des begünstigten Vermögens

In Abkehr von der bisherigen Negativdefinition des Verwaltungsvermögenskatalogs ist dasjenige Vermögen begünstigt, das seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient. Diese Änderung ist positiv zu bewerten, da die bisherige Regelung der Ausnahmen und Rückausnahmen oftmals zu Unsicherheiten in der Praxis geführt haben.

Verschonungsregelungen

Betriebsvermögen bleibt zu 85 Prozent (Regelverschonung) bzw. zu 100 Prozent (Optionsverschonung) steuerfrei, wenn Lohnsummenregelungen eingehalten werden. Betriebe bis drei (vormals 20) Angestellten unterliegen keiner Lohnsummenregelung. Die ursprünglich im Eckpunktepapier des BMF geplante „Aufgriffgrenze“ bei einem übertragenen Vermögen ab einer Million Euro findet sich nicht im Gesetzentwurf. Die Reduzierung auf drei Angestellte wird damit begründet, dass das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, dass eine Befreiung von der Lohnsummenregelung bei bis zu 20 Mitarbeitern zu undifferenziert und damit verfassungswidrig sei, da der Großteil der Unternehmen weniger als 20 Mitarbeiter habe.

Aus Sicht des DEHOGA sollte die Grenze nicht bereits bei mehr als drei Mitarbeitern festgelegt werden, sondern bei deutlich mehr Mitarbeitern, um nicht nur die ganz kleinen Betriebe zu entlasten.

Bei vier bis zehn Angestellten gelten folgende Lohnsummenregelungen: Verschonung 85 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 250 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Verschonung 100 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 500 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Bei elf bis 15 Angestellten gelten folgende Lohnsummenregelungen: Verschonung 85 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 300 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Verschonung 100 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 565 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme).

Bei mehr als 15 Angestellten gilt die „alte“ Lohnsummenregelung wie folgt: Verschonung 85 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Verschonung 100 Prozent: Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs darf innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 700 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre. Wenn die Grenze der Nichtanwendbarkeit der Lohnsummenregelung auf deutlich mehr Mitarbeiter angehoben wird, sollten die Verschonungsregelungen demgemäß ebenfalls angehoben werden.

Verschonungsbedarfsprüfung

Bei dem Erwerb von begünstigten Vermögen über 26 Millionen Euro wird eine Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt. Unterhalb der Schwelle verbleibt es bei der bisherigen Steuerbefreiung unter Einhaltung der Lohnsummenregelung (siehe oben).

Die erwerbsbezogene Prüfschwelle von 26 Millionen Euro knüpft entsprechend der Erbschaftsteuersystematik an den Wert des konkreten Erwerbs an (erwerbsbezogene Betrachtung). Nach der Gesetzesbegründung lagen nach der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2012 und 2013 rund 1,5 bis 1,7 Prozent der Erwerbe mit begünstigtem Vermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG oberhalb dieses Werts.

Sofern bei Familienunternehmen gesellschaftsvertragliche Bestimmungen vorzufinden sind, die Vermögensbeschränkungen enthalten, wie Entnahme-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen, erhöht sich die Prüfschwelle der Verschonungsbedarfsprüfung auf 52 Millionen Euro. Allerdings müssen die gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen zehn Jahre vor und 30 Jahre nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen.

Bei Vermögenswerten zwischen 26 Millionen und 116 Millionen Euro verringert sich auf Antrag des Erwerbers der Verschonungsabschlag um jeweils 1 Prozentpunkt für jede vollen 1,5 Millionen Euro, die der Wert des Begünstigten Vermögens den Betrag von 20 Millionen Euro übersteigt. Wird ein solcher Antrag gestellt, entfällt die Verschonungsbedarfsprüfung.

Bei Erwerben von über 116 Millionen Euro wird bei Erfüllung der Lohnsummenregelungen auf Antrag ein Verschonungsabschlag in Höhe von 20 Prozent (fünf Jahre Lohnsummenfrist bei 400 Prozent Mindestlohnsumme) bzw. von 40 Prozent (sieben Jahre Lohnsummenfrist bei 700 Prozent Mindestlohnsumme) gewährt. Wird ein solcher Antrag gestellt, entfällt die Verschonungsbedarfsprüfung. Aus Sicht des DEHOGA sollte eine Verschonungsbedarfsprüfung erst ab einem deutlich höheren Wert erfolgen. Dementsprechend sollte auch die Obergrenze von über 116 Millionen nach oben angepasst werden. Die Grundsätzliche Kritik an der Verschonungsbedarfsprüfung ist aufrechtzuerhalten, da bei jedem Erwerb von Todes wegen oder im Schenkungswege eine Bewertung erfolgen muss.

Verschonungsbedarfsprüfung und Privatvermögen

Bei der Verschonungsbedarfsprüfung wird ermittelt, ob der Erwerber in der Lage ist, aus seinem verfügbaren Vermögen die Erbschaftssteuer zu zahlen. Dabei werden 50 Prozent des erworbenen nicht begünstigten Vermögens sowie 50 Prozent seines eigenen Vermögens bei der Bedarfsprüfung als verfügbares Vermögen angesehen.

Führt die Verschonungsbedarfsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Erwerber keine oder nicht genügend verfügbares Einkommen zur Entrichtung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer hat, kann die Steuer ganz oder teilweise erlassen werden.

Eine Verschonungsbedarfsprüfung findet bei Erwerben über 26/52/116 Millionen Euro nur statt, wenn nicht ein Antrag auf die vorstehenden pauschalen Verschonungsabschläge gestellt wird.

Aus Sicht des DEHOGA ist die Einbeziehung von Privatvermögen eine verdeckte Vermögenssteuer, die in jedem Fall abzulehnen ist. Hinzu kommt, dass bei diesen Vermögen stets eine Bedarfsprüfung vorgenommen wird, die zu erheblichem Ermittlungsaufwand führt, und in der die Erben ihr sämtliches Vermögen offenlegen müssen.

Nicht begünstigungsfähiges Vermögen

Die nach dem Finanzmitteltest (Finanzmittel bis zu 20 % des Betriebsvermögens nach Abzug der Schulden) verbleibenden Schulden werden quotal dem begünstigten und dem nicht begünstigten Vermögen zugeordnet. Dabei werden 10 % des originär nicht begünstigten Vermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt (Nichtaufgriffsgrenze). Bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen findet eine konsolidiert Ermittlung statt.

Laut Koalitionsvertrag sollte es in dieser Legislaturperiode keine Steuererhebungen geben. Auch aus Sicht des DEHOGA sollte das neue Erbschaftssteuerrecht wirtschaftsfreundlicher ausgestaltet werden. Bleibt der Branche ein Trost: Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen erfährt.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer im DEHOGA Bundesverband, Berlin.


RA Jürgen Benad
Geschäftsführer
benad​[at]​dehoga.de