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Krank im Einsatz

Beweiskraft des ärztlichen Attests hat Grenzen

Von Sandra Warden  

So mancher Arbeitgeber dürfte dieses ungute Gefühl leider kennen: Man begegnet dem krankgeschriebenen Mitarbeiter, wie er konzentriert im Supermarkt Gemüse einräumt oder schweißüberströmt im Garten werkelt. Kein Wunder, wenn sich da Misstrauen breit macht.

Nun bedeutet die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit weder, dass der Arbeitnehmer sich nur innerhalb seiner Wohnung aufhalten dürfte, noch stellt sie ein generelles Arbeitsverbot dar. Sondern sie bescheinigt lediglich, dass der Mitarbeiter seine speziellen arbeitsvertraglichen Aufgaben nicht erfüllen kann – jedenfalls dann, wenn der Arzt den Beruf und dessen Anforderungen kennt.

Beweislage entscheidet

Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber hilflos ausgeliefert wäre, wenn ein „gelber Schein“ vorgelegt wird. Täuscht der Arbeitnehmer tatsächlich eine Krankheit nur vor und erschleicht er sich dadurch die Lohnfortzahlung, so gibt es durchaus Handlungsmöglichkeiten bis hin zur fristlosen Kündigung. Das Problem dabei ist regelmäßig die Beweislage: Der Arbeitgeber muss das hohe Vertrauen, das die AU-Bescheinigung genießt, widerlegen. Zwei aktuelle Fälle dazu:

Zwei konkrete Fälle:

Im ersten Fall beobachtete ein Vorgesetzter seinen krankgeschriebenen Mitarbeiter, wie dieser in bester körperlicher Verfassung an der Waschanlage sein Auto reinigte. Er fertigte mit dem Handy Fotos, um dies zu dokumentieren. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in Folge derer der Mitarbeiter fristlos gekündigt wurde. Noch vor dem Kündigungsschutzprozess war im einstweiligen Rechtsschutz über die Rechtmäßigkeit der Fotos zu befinden. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, diese hätten das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzt. Denn es bestand der konkrete Verdacht, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht war. Darüber, ob die Fotos als Beweismittel im Kündigungsprozess verwendet werden dürfen, war damit allerdings noch nicht entschieden.

Im zweiten Fall hatte sich ein Busfahrer wiederholt wochenlang krankschreiben lassen und weigerte sich beharrlich, sich vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen untersuchen zu lassen. Der Arbeitgeber beauftragte einen Privatdetektiv, der den Busfahrer beobachtete, wie er im Bistro seines Schwiegervaters mithalf, dabei schwere Getränkekisten trug und Bier und Spirituosen trank. Erneute Aufforderung zur MDK-Untersuchung, erneute Weigerung, erneuter Detektiveinsatz mit gleichem Ergebnis. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber fristlos und forderte außerdem Erstattung der Detektivkosten in Höhe von 13.000 Euro. Zwei Instanzen entschieden auf eine wirksame Kündigung und Erstattung (nur) des zweiten Detektiveinsatzes. Das Bundesarbeitsgericht sah den Sachverhalt allerdings noch nicht als entscheidungsreif an und verwies zurück. Zwar bestehe grundsätzlich eine Erstattungspflicht von Detektivkosten, wenn der Auftrag aufgrund eines konkreten Tatverdachts erteilt werde. Ein solcher sei hier aber noch nicht bewiesen, da nicht klar sei, ob der Busfahrer ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auf Arbeitsunfähigkeit schließen lässt.

Die Autorin ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin im DEHOGA Bundesverband, Berlin.


RA Sandra Warden
Geschäftsführerin
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