Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Mindestlohn: Was zählt für die 8,50 Euro?

Sind Urlaubsgeld oder Leistungsboni anrechenbar? Gerichte fällen erste Urteile zur Berechnung

Von Sandra Warden

Mindestens 8,50 Euro Bruttolohn pro Stunde. Das klingt sehr simpel und so soll es ja auch klingen. Dass es so einfach im wahren Wirtschaftsleben nicht sein würde, war jedem Lohnabrechner und jedem Arbeitsrechtler von Anfang an klar. Denn in den meisten Unternehmen bestehen Löhne nicht einfach nur aus einem fixen Stundensatz, sondern setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen.

Und so stellten sich auch Hoteliers und Gastronomen viele Fragen zur Berechnung des Mindestlohns: Wie geht man am besten vor, wenn man bisher großzügig steuerfreie Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge gezahlt hat? Wie wird in Mindestlohnzeiten mit Kost und Logis auf der Lohnabrechnung und in den Arbeitsverträgen umgegangen? Unter welchen Voraussetzungen sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn anrechenbar?

Manche Detailfragen kann man sich tatsächlich beantworten, wenn man andere Gesetze und die Rechtsprechung kennt. Der DEHOGA hat dies für die Branche in seinen FAQs (häufig gestellte Fragen) zum Mindestlohn für typische Fragen in Hotellerie und Gastronomie getan. Zum Beispiel was den Umgang mit Trinkgeld, Zuschüssen für das Jobticket oder den Kitaplatz, Sachbezügen, Wäsche- oder Messergeld oder Arbeitgeberbeiträge zur Hogarente anbelangt. Bei anderen wichtigen Punkten, insbesondere der Zuschlagsproblematik, gibt es zwar eine (restriktive) Rechtsauffassung des Arbeitsministeriums und des Zolls. Aber es verbleiben trotzdem juristische Zweifel.

Verbände und Bundesrat haben darauf im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen. Den Gesetzgeber hat das nicht dazu bewogen, im Gesetz mehr Details zu regeln. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgericht, Ingrid Schmidt, hatte die Einschätzung geäußert, es werde einige Jahre dauern, bis es Rechtssicherheit gebe. Mit zwei ersten untergerichtlichen, noch nicht rechtskräftigen Urteilen zur Berechnung des Mindestlohns beginnt jetzt dieser Klärungsprozess.

Das Berliner Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2015 entschieden, dass Urlaubsgeld und Sonderzahlungen nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet beziehungsweise umgelegt werden dürfen.

Die Richter hatten über den Fall einer Arbeitnehmerin entschieden, die bislang 6,44 Euro pro Stunde verdiente und ein jährliches Urlaubsgeld sowie eine Sonderzahlung erhalten hatte. Der Arbeitgeber bot ihr per Änderungskündigung die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zum Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ohne Urlaubsgeld und Sonderzahlung an. Diese Änderungskündigung sei als Umgehung des Mindestlohngesetzes unwirksam. Der gesetzliche Mindestlohn solle unmittelbar die Arbeitsleistung entgelten, Leistungen, die nicht diesem Zweck dienten, könnten daher nicht angerechnet werden.

Am 20. April 2015 fällte dagegen das Arbeitsgericht Düsseldorf eine Entscheidung, wonach ein Leistungsbonus angerechnet werden kann. Hier erhielt die Arbeitnehmerin neben einer Grundvergütung von 8,10 Euro pro Stunde einen „freiwilligen Brutto/Leistungsbonus von maximal 1,00 Euro, der sich nach der jeweils gültigen Bonusregelung“ richtete. Bei dieser Leistungszulage handele es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter und somit um „Lohn im eigentlichen Sinne“.

Die Autorin ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin im DEHOGA Bundesverband, Berlin.


RA Sandra Warden
Geschäftsführerin
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