Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Urteile des Bundesarbeitsgerichts Welcher Tarifvertrag gilt?

Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen sorgfältig formulieren

Von Sandra Warden  

Gängige Personalpraxis ist es, im Arbeitsvertrag auf Tarifverträge Bezug zu nehmen. Dazu werden Formulierungen wie „Es finden die Bestimmungen des jeweils geltenden Entgelt- und Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe im Bundesland XY Anwendung“ verwendet. Hierzu gibt es zwei wichtige neue Urteile.

 

Tarifgebundene Arbeitgeber stellen mit Bezugnahmeklauseln einheitliche Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer her. Aber auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber verwenden oft Klauseln, mit denen sie beispielsweise nur auf den Entgelttarifvertrag oder nur auf die Urlaubsregelung des Manteltarifvertrages verweisen. Rechtlich möglich ist es sogar, auf einen branchenfremden Tarifvertrag zu verweisen.

 

Und auch beim Umfang der Bezugnahme sind die Möglichkeiten vielfältig: Die Arbeitsvertragsparteien können entweder auf einen datumsmäßig bezeichneten Tarifvertrag Bezug nehmen (so genannte statische Verweisung). Oder sie können mit einer kleinen dynamischen Verweisung einen konkreten Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung in Bezug nehmen – das schließt dann spätere Änderungen des Tarifvertrages, etwa Tariflohnerhöhungen, mit ein.

 

Die am weitesten gehende Variante ist die, auf die jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge Bezug zu nehmen. Diese so genannte „große dynamische Verweisung“ schließt dann auch eventuelle Tarifwechsel mit ein.

 

Bei dieser Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten ist es unbedingt erforderlich, sich bewusst zu machen, was eigentlich geregelt werden soll und wie dieses Ziel erreicht werden kann. Besondere Sorgfalt bei der Formulierung ist auch deshalb von Bedeutung, weil die Bezugnahmeklauseln seit dem Jahr 2002 mit dem strengen Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemessen werden. Dazu zwei wichtige aktuelle Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG):

 

Im ersten Fall hat das BAG eine Rechtsprechungsänderung zur Auslegung von Bezugnahmeklauseln angekündigt. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass diese Klauseln von tarifgebundenen Arbeitgebern regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen sind. Mit dem Ende der alten Tarifbindung des Arbeitgebers, etwa durch Betriebsübergang, Tarifwechsel oder Übertritt in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung, endete automatisch auch die Dynamik des Tarifvertrags. Es bestand lediglich eine Bindung an die zum Zeitpunkt des Wechsels bestehenden Tarifregelungen, ohne spätere Tariferhöhungen. Diese Sicherheit besteht jetzt für Verträge, die ab dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden, nicht mehr. Es kommt nur noch auf den Wortlaut der Klausel an. Für ältere Verträge gilt diese Rechtsprechung allerdings nicht.

 

Auch in der zweiten Entscheidung hat das Gericht von den Arbeitgebern als Klauselverwendern verlangt, die gewollten Rechtsfolgen eindeutig zu formulieren, sonst gehen Zweifel zu ihren Lasten. Kann ein Arbeitnehmer eine Klausel (auch) als dynamische Verweisung interpretieren, so kann er sich auf Tariferhöhungen berufen. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht.

 

Die Autorin ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin im DEHOGA Bundesverband, Berlin.