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Arbeitszeit ist nachzuweisen

Methoden der Zeiterfassung und Risiken des Arbeitszeitbetrugs

Von Sandra Warden

 

Im Zuge der Mindestlohn-Diskussion steht aktuell vor allem ein Aspekt im Vordergrund: Die von den allermeisten Hoteliers und Gastronomen als bürokratischer Wahnsinn empfundene Arbeitszeit-Dokumentation. Bei aller Hoffnung, dass das Bürokratie-Rad in Sachen Arbeitszeitaufzeichnung ein Stück in Richtung pragmatische Vernunft zurückgedreht wird: Es wird Hotellerie und Gastronomie nicht erspart bleiben, sich intensiver als früher mit dem Thema Zeiterfassung auseinanderzusetzen.

Mindestlohngesetz und Dokumentationspflichten-Verordnung geben keine spezielle Methode vor, wie die Aufzeichnung erfolgen muss. Die Möglichkeiten reichen dabei vom elektronischen Kellnerschlüssel über selbstprogrammierte Excel-Tools bis zur handschriftlichen Liste. Auch die Ablage der Dienstpläne reicht aus, wenn daraus Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit hervorgehen und Abweichungen bei der tatsächlichen Arbeitszeit festgehalten werden.

Die über den Jahreswechsel durchgeführte Befragung der Hochschule Heilbronn hat ergeben, dass nur ein kleiner Teil der Betriebe (Hotellerie 16,7 %; Gastronomie 11,3 %) ein elektronisches Zeiterfassungssystem in Betracht zieht. Die meisten zeichnen manuell auf. Wie auch immer das Unternehmen die Aufzeichnungspflicht umsetzt: Risiken gibt es immer. Das gilt in besonderem Maße, wenn der Arbeitgeber die Pflicht zur Erfassung auf die Mitarbeiter delegiert. Das kann er auch nach dem Mindestlohngesetz tun, was allerdings nichts daran ändert, dass er gegenüber Zoll und Rentenversicherung für die Richtigkeit der Angaben verantwortlich bleibt. Immerhin 31,1 % der Arbeitgeber in der Hotellerie und 30,6 % in der Gastronomie haben vor, den Arbeitnehmer die Aufzeichnung manuell erledigen zu lassen.

So war es auch in einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zu entscheiden hatte. Dort erfasste eine Mitarbeiterin ihre Arbeitsstunden handschriftlich auf Zeitkarten. Für einen Tag, an dem sie gar nicht gearbeitet hatte, waren dort sechs Stunden eingetragen. Als der Arbeitgeber das bemerkte, kündigte er fristlos. Die Mitarbeiterin gab vor, wenn die Eintragung überhaupt von ihr stamme, sei das jedenfalls versehentlich geschehen. Das ließ das Gericht nicht gelten: Es wertete die falsche Dokumentation als bedingt vorsätzlich und ließ dies ausreichen. Darin liege ein schwerer Vertrauensbruch, denn der Arbeitgeber müsse auf die korrekte Dokumentation vertrauen können.

Wer sich nun in seiner Entscheidung für eine elektronische Erfassung bestätigt sieht, dem sei folgender Fall berichtet: In einer Großmetzgerei war bei jedem Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen über einen Chip eine Zeiterfassung zu bedienen. Ein Arbeitnehmer wurde dabei beobachtet, wie er beim Verlassen den Chip in seinem Portemonnaie ließ und zusätzlich mit der Hand abschirmte, wenn er ihn vor das Gerät hielt. Er machte so innerhalb von 1,5 Monaten bezahlte Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden. Da das Gerät piepte, wenn man sich an- oder abmeldete, hielt das Hessische Landesarbeitsgericht einen bewussten Betrug für bewiesen und die fristlose Kündigung für gerechtfertigt.

In beiden Betrugsfällen kam die falsche Erfassung durch den Arbeitnehmer nur durch Zufall ans Licht. Der Nachweis solcher Verstöße und erst Recht eines zumindest bedingten Vorsatzes ist für den Arbeitgeber naturgemäß sehr schwierig. Hier eine effiziente Kontrolle zu gewährleisten, ohne dass eine Misstrauenskultur im Betrieb einzieht, ist keine einfache Aufgabe. Aber in Zeiten des Mindestlohngesetzes ist dies wichtiger denn je.

Die Autorin ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin im DEHOGA Bundesverband, Berlin.


RA Sandra Warden
Geschäftsführerin
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