Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA Bundesverband)


Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Fon 030/72 62 52-0, Fax 030/72 62 52-42
info​[at]​dehoga.de, www.dehoga.de


DEHOGA Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges über die Lage des Gastgewerbes

Anlässlich einer Anfrage der Heilbronner Stimme teilt DEHOGA Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges mit:

Viele Betriebe kämpfen weiter ums Überleben

Das Gastgewerbe in Deutschland steht auch nach dem Ende der Corona-Pandemie vor gewaltigen, teilweise existenziellen Herausforderungen. Nach drei Verlustjahren haben wir das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht. Real setzte die Branche nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im ersten Quartal des laufenden Jahres 12,5 Prozent weniger um als im ersten Quartal 2019, also vor Ausbruch der Pandemie. Die Folgen der Pandemie sind noch deutlich spürbar: Mitarbeitermangel, Tilgung coronabedingter Kredite und notwendige Wiederaufstockung der Rücklagen fürs Alter.

Branche vor gewaltigen Herausforderungen

Zugleich machen die explodierenden Energie- und Lebensmittelpreise unseren Betrieben zu schaffen. So betrug die allgemeine Inflationsrate im April 2023 bei Lebensmitteln 17,2 Prozent und bei Energie 21,1 Prozent. Überproportional gestiegen sind auch die Personalkosten: Nach einer DEHOGA-Umfrage vom April 2023 waren diese um durchschnittlich 21,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Der Kostendruck für unsere Betriebe ist immens. Eine Weitergabe der Kosten und Anpassung der Preise ist nur bedingt möglich. Denn auch unsere Gäste sind von den hohen Inflationsraten betroffen.

Entlastung, Bürokratieabbau und Flexibilität sind das Gebot der Stunde

Der vielerorts zu spürende Arbeits- und Fachkräftemangel verschärft die Lage. Die Bundesagentur für Arbeit meldet für Mai knapp 34.000 offene Stellen im Gastgewerbe. Wir gehen allerdings davon aus, dass der tatsächliche Bedarf mindestens doppelt so hoch ist, da viele Betriebe ihre freien Arbeitsplätze nicht mehr bei der Bundesagentur melden. Um dem Fach- und Arbeitskräftemangel erfolgreich entgegenzuwirken, braucht es eine echte Offensive für die duale Ausbildung, eine schnelle und effiziente Umsetzung des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und ein flexibleres Arbeitszeitgesetz.

7% Mehrwertsteuer müssen bleiben

Für die Zukunftssicherung der Branche unverzichtbar ist die Beibehaltung der 7%-Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie.

Eine Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen – mit fatalen Folgen für die Gesellschaft, den Staat und die Gastgeber. Für die Betriebe wären noch mehr Gästeverluste und Umsatzeinbußen vorprogrammiert. Bei gleichzeitig weiterhin hohen und steigenden Kosten würden erneut Existenzen auf dem Spiel stehen. Allein in den Corona-Jahren 2020 und 2021 hat das Gastgewerbe bereits 36.000 Unternehmen verloren. Es dürfen nicht noch mehr öffentliche Wohnzimmer verschwinden.

Nur dank der 7% Mehrwertsteuer ist es unseren Betrieben bisher gelungen, die enormen Kostensteigerungen nicht eins zu eins an die Gäste weiterzugeben. Die 7% müssen bleiben, damit Essen in der Gastronomie bezahlbar bleibt. Die 7% haben unseren Betrieben außerdem Spielräume gegeben, Personalkostensteigerungen von über 20% teilweise aufzufangen.

Es wäre zudem widersprüchlich und wettbewerbsverzerrend, frisch zubereitetes Essen in unseren Restaurants, Kantinen, Kitas und Schulen ab 1. Januar 2024 wieder mit 19% zu besteuern, während auf Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Essenslieferung 7% erhoben werden. Eine Steuererhöhung auf 19% steht im krassen Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Dies gilt im besonderen Maße auch für die Kita- und Schulverpflegung.

Attraktive Innenstädte wie auch lebenswerte ländliche Räume gibt es nur mit Restaurants und Gasthäusern, Cafés und Biergärten. Unsere Betriebe sind Treffpunkte für Alt und Jung, Orte des Zusammenkommens, der Kommunikation – und für den sozialen Zusammenhalt wichtiger denn je. Sie stehen für regionale Identität und Heimat, Genuss und Lebensqualität. Kurzum: Unsere Branche ist das Gesicht unseres Landes und ein wichtiger Anker der Gesellschaft. Nie wurde deutlicher als in den Monaten des Lockdowns: Unsere öffentlichen Wohnzimmer sind systemrelevant.

Im Übrigen fordern wir nichts Außergewöhnliches. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants ist in der EU die Regel. In 23 EU-Staaten wird steuerlich kein Unterschied gemacht zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant. Die 7%-Mehrwertsteuer und damit die längst überfällige Gleichbehandlung von Essen, egal wo und wie zubereitet und verzehrt, muss auch in Deutschland gelten. Dauerhaft.