Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Stephan von Bülow: Aktuelle Lage, Herausforderungen und Chancen

Statement von Stephan von Bülow, Stellv. Präsident des DEHOGA Bundesverband, Vorsitzender der DEHOGA-Fachabteilung Systemgastronomie, Vorsitzender der Geschäftsführung, Block Gruppe zur aktuellen Lage, Herausforderungen und Chancen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist mir eine besondere Freude, Sie heute hier zum 30. Forum Systemgastronomie begrüßen zu können. Die Jubiläumsveranstaltung steht im Zeichen des Aufbruchs.

Mit beeindruckender Kraft, Anpassungsfähigkeit und Innovationsfreude kämpft sich unsere Branche in die Normalität zurück. Wir gewinnen wieder Vertrauen in die Zukunft.

Keine Frage: Hinter uns allen liegen entbehrungsreiche und kräftezehrende Monate. Unternehmern, Mitarbeitern und Partnern wurde extrem viel abverlangt. Es gab sicher viele Momente der Verzweiflung. Und dennoch haben nicht wenige Betriebe diese Zeit auch genutzt für Modernisierung, Innovation und Neuaufstellung.

Wir haben zudem viel Positives erfahren. Zuspruch und Empathie erreichten uns sowohl von den Gästen als auch von den Medien und aus der Politik. Vielen ist die große wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung unserer Branche erst wirklich bewusst geworden, als sie auf uns verzichten mussten.

Auch unsere Partner wie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, Brauereien, Ausstatter, landwirtschaftliche Betriebe, Großhandel und Handwerk waren massiv von den dramatischen Umsatzeinbrüchen in unserer Branche betroffen, wie zwei DEHOGA-Umfragen deutlich gezeigt haben. Danach meldeten 85 Prozent der Zulieferfirmen eine starke bis sehr starke Betroffenheit von den Corona-Einschränkungen für das Gastgewerbe. Die Umsatzeinbußen der Partner beliefen sich im Corona-Jahr 2020 auf durchschnittlich 37 Prozent, in den Lockdown-Monaten Januar und Februar auf 46 Prozent.

Ich begrüße an dieser Stelle die Mitglieder des Initiativkreises im DEHOGA Bundesverband. Herzlich willkommen! Im Namen der Branche danke ich Ihnen für die vielfältige Unterstützung und auch das Verständnis, dass Sie uns gegenüber gezeigt haben! Wir sitzen in einem Boot.

Die genannten Zahlen belegen die große Bedeutung des Gastgewerbes für das Funktionieren der Wirtschaftskreisläufe und für die Wertschöpfung weit über die Branchengrenzen hinaus.

Darüber hinaus: Das Gastgewerbe leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Ganz maßgeblich tragen unsere Betriebe zur Attraktivität des ländlichen Raumes wie der Innenstädte bei. Ohne Gastronomie als Frequenzbringer und Impulsgeber keine lebendige Innenstadt.

Das hat auch die Politik verstanden. Die Hilfen waren wichtig und konsequent. Ja, unser Branchenverband DEHOGA hat viel erreicht. Hilfsprogramme und Entlastungen sind nicht vom Himmel gefallen.

  • das Kurzarbeitergeld und dessen laufende Verlängerung

  • die wiederholt erfolgten Verbesserungen und Erhöhungen der Überbrückungshilfen sowie die Verlängerung bis Jahresende

  • die November- und Dezemberhilfen

  • die Heraufsetzung der Beihilfeobergrenzen – besonders wichtig für die größeren Unternehmen in der Systemgastronomie

  • das verbesserte Miet- und Pachtrecht

  • und last but not least: Die Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants ab 1. Juli letzten Jahres und die frühzeitige Verlängerung der Maßnahme bis 31. Dezember 2022.

Ich bin mir sicher, ohne die Corona-Hilfen hätten 50 bis 70 Tausend Unternehmen nicht überlebt.

Wo stehen wir heute? Was beschäftigt uns aktuell?

Wir brauchen jetzt echte und verlässliche Perspektiven – für Unternehmer wie Mitarbeiter.

Heiß diskutiert werden die 2G- und 3G-Regelungen und all die damit verbundenen Aspekte. Einige Bundesländer haben mittlerweile auch bei der 3G-Regelung Auflagen wie Abstandsregeln oder die Maskenpflicht für Gäste und Mitarbeiter gestrichen.

Das muss der Weg sein!

Aber natürlich ist und bleibt es das gute Recht des Unternehmers, selbst zu entscheiden, ob er mit Blick auf seine Gäste 2G einführen will oder nicht. In jedem Fall sind Anfeindungen, denen teilweise unsere Mitarbeiter und Unternehmer ausgesetzt sind, absolut inakzeptabel.

Ich wünsche mir hier seitens der Gäste und der Politik mehr Rückendeckung für unsere Branche und die unternehmerischen Entscheidungen. Unternehmer wie Mitarbeiter, die seit Pandemie-Beginn neun Monate im Lockdown waren und um ihre Existenz gekämpft haben, haben den Respekt und die Wertschätzung aller verdient!

Meine Damen und Herren,

die Politik ist aufgerufen, jetzt alles zu unternehmen, damit wir dauerhaft geöffnet bleiben.

Die Aufklärung zum Impfen ist weiterhin zu intensivieren. Offene Fragen zur dritten Impfung, wenn ja für wen und wann, müssen mit Hochdruck geklärt werden.

Das Virus ist noch da, aber es gibt die Möglichkeit, es zu beherrschen und Normalität dauerhaft zu gewährleisten – und dies ist gerade mit Blick auf den akuten Mitarbeitermangel von größter Bedeutung.

Mitarbeiter wie Unternehmer, wir alle, benötigen Planungs- und Zukunftssicherheit. Dafür muss jetzt alles unternommen werden.

Aber natürlich sind wir als Arbeitgeber auch gefordert, die Attraktivität der Arbeit bei uns weiter zu erhöhen:
Für ein gutes Betriebsklima zu sorgen, für mehr Respekt und Anerkennung und natürlich auch für eine faire und angemessene Vergütung.

Mitarbeiter gewinnen, binden und begeistern, das war vor Corona schon eine echte Herausforderung. Jetzt sehen nicht wenige Unternehmer im Mitarbeitermangel schon eine fast „existenzielle Bedrohung“.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Bundestagswahl liegt jetzt 16 Tage hinter uns.

Noch ist offen, was sich im Regierungsprogramm der potentiellen Koalitionäre finden wird. Ob Jamaika oder Ampel, entscheidend ist, was am Ende im Regierungsprogramm steht und welche Köpfe in den nächsten vier Jahren die Verantwortung für unser Land wie für unsere Branche tragen.

Wir wissen, worauf es ankommt.

Erstens:

Steuererhöhungen wie auch neuen Steuern muss eine klare Absage erteilt werden.

Wir erwarten die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer unter Einbeziehung der Getränke. Wir brauchen eine Politik, die die Wettbewerbsfähigkeit der Branche dauerhaft stärkt.

Zweitens:

Wir sind eine unglaublich arbeitsintensive Branche. Und deshalb ist es von elementarer Bedeutung, dass Arbeit nicht verteuert wird!

Dem Ziel, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern und auch wieder neue zu schaffen, kommt gerade jetzt allerhöchste Bedeutung zu.

Eine sprunghafte Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab 2022 bedeuten für mehr als jeden zweiten Unternehmer Personalkostensteigerungen von 15 und mehr Prozent, so eine aktuelle DEHOGA-Umfrage. Diese lassen sich mit dem bestehenden Preisgefüge nicht realisieren.

Kurzum: Lohnpolitik ist nicht Sache des Staates. Dies ist Aufgabe der Tarifpartner. Die künftigen Mindestlohnanpassungen müssen auch weiterhin in der Verantwortung der Mindestlohnkommission bleiben.

Drittens:

Als Wachstums- und Leitbranche sowie Leistungsträger des Tourismus wissen wir um unsere besondere Verantwortung für eine intakte Umwelt – auch für künftige Generationen.

Ressourcen zu schonen und sinnvoll einzusetzen, gehört zudem seit jeher zum Handwerkszeug eines verantwortungsvollen Unternehmers. Nachhaltiges Wirtschaften ist für uns deshalb auch nichts Neues, ja sogar Grundlage für den unternehmerischen Erfolg.

Wir stehen dafür, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Das gilt auch für die Klimapolitik. Statt auf Ideologie setzten wir hier auf innovative Technologien sowie sinnvolle, nachvollziehbare und kostenverträgliche Maßnahmen.

So muss ein Anstieg der Energiekosten auch nach der Einführung der Kohlendioxid-Bepreisung wirksam und dauerhaft gebremst werden. Wir plädieren für die Abschaffung der EEG-Umlage oder eine Senkung der Stromsteuer. Energie muss bezahlbar bleiben.

Meine Damen und Herren,

diese drei Punkte sind von zentraler Bedeutung für wirtschaftliche Stabilität und Wachstum. Und diese sind Voraussetzung für Innovationen, Investitionen sowie Wachstum und Erfolg und damit die Basis für die Nutzung von Chancen.

Wir werden die Themen und weitere Erwartungen am Ende des Forums im Talk vertiefen.

Meine Damen und Herren,

die Krise hat gezeigt, worauf es im Unternehmen wie im Verband ankommt:

Zusammenstehen, gemeinsam Flagge zeigen, solidarisch sein und als ein Team kämpfen.

Meine Erkenntnis aus 19 Monaten Pandemie: Gemeinsam sind wir stark.

Mein Dank gilt dem DEHOGA, der mit einer Stimme und hartnäckigem Einsatz für die Branche erfolgreich gekämpft hat!

Die vor uns liegenden gewaltigen Zukunftsaufgaben lassen sich nur gemeinsam lösen. Sorgen wir also im und mit dem DEHOGA dafür, dass der Aufbruch gelingt! Für eine erfolgreiche Zukunft des Gastgewerbes in Deutschland.

Lassen Sie uns weiter stark und zuversichtlich bleiben!

Vielen Dank.