Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
(DEHOGA Bundesverband)


Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Fon 030/72 62 52-0, Fax 030/72 62 52-42
info​[at]​dehoga.de, www.dehoga.de


Internetpranger verbessern nicht den Verbraucherschutz

Gerichte bestätigen Rechtswidrigkeit der derzeitigen Veröffentlichungen von Hygieneergebnissen

(Berlin, 23. Mai 2013) Gute Hygienepraxis und Verbraucherschutz haben in der Gastronomie höchste Priorität. Bei den Lebensmittelskandalen der letzten Jahre waren die Gastronomen nie Verursacher, sondern – wie die Endverbraucher – Betroffene. „Allein aus diesem Grund ist es für mich unverständlich, mit welchen populistischen Forderungen unsere Branche immer wieder konfrontiert wird. Eine Stigmatisierung durch Veröffentlichung im Internet oder eine Ampel an der Tür verbessert nicht den Verbraucherschutz, sondern verwirrt die Gäste und kann den Betrieb ruinieren“, betonte DEHOGA-Präsident Ernst Fischer auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes. „Man kann dankbar sein, dass die deutschen Gerichte dies auch so sehen.“

Veranlasst durch zahlreiche Gerichtsentscheidungen haben inzwischen die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, sowie Rheinland-Pfalz die Veröffentlichung von Kontrollergebnissen nach § 40 Abs. 1a LFGB auf ihren Internetseiten untersagt. Der Paragraf besagt, dass Verstöße gegen Hygienevorschriften zwingend veröffentlicht werden müssen, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist. Die jeweiligen Oberverwaltungsgerichte äußerten jedoch erhebliche Bedenken in Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm. Die Hauptsacheentscheidungen stehen noch aus.

Die jüngste Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs führt sämtliche Bedenken auf. So dürfte der Paragraf nach seinem Wortlaut nur eine „Produktwarnung“ zulassen und nicht einen Hinweis auf festgestellte Verstöße eines Betriebs gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften ohne konkreten Produktbezug. Des Weiteren sei die Verhängung eines Bußgeldes in Ermangelung eines objektiven Maßstabes, etwa in Gestalt eines Bußgeldkataloges, mit dem Bestimmtheitsgebot unvereinbar. Letztlich
kamen die Richter zu dem Schluss, dass die unbegrenzt mögliche Veröffentlichungsdauer von Verstößen ohne Löschungsfristen,  der „Bagatellcharakter“ im Hinblick auf das Verhältnis Einschreitschwelle (350 Euro) zur Bußgeldhöchstgrenze (50.000 Euro) sowie die zwingende Pflicht zur Veröffentlichung ohne Ermessensspielraum zu schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht auf Selbstbestimmung und das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit  des Betroffenen führe.

„Wenn bereits dieser Paragraf verfassungsrechtlich beanstandet wird, so kann man sicher sein, dass die Einführung einer Hygieneampel vor den Gerichten absolut keinen Bestand hat“, betonte der DEHOGA-Präsident in Berlin. „Es ist unverhältnismäßig und rechtlich bedenklich, dass in einem Restaurant das Ergebnis einer Momentaufnahme über Monate aushängt – obwohl längst alle Mängel beseitigt sind. Denn für stete rasche Nachkontrolle reicht die Zahl der Kontrolleure gar nicht aus. Anstatt uneffektive Werkzeuge zu erfinden, sollten die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten lieber ordentlich angewandt werden.“

Fischer betonte ausdrücklich, dass „Schmuddelbetriebe“ der gesamten Branche schaden. „Keine Frage: Solche Betriebe gehörten geschlossen. Denn Hygiene hat in unserer Branche oberste Priorität! Aber wenn Betriebe grundsätzlich ordentlich und sauber arbeiten und es dennoch zu kleineren Beanstandungen kommt, denen dann auch noch in angemessener Zeit abgeholfen wird, dann kann es nicht sein, dass diese Betriebe im Internet gebrandmarkt werden.“ Der daraus erwachsende Schaden für den Betrieb stünde in keinem Verhältnis zum berechtigten Bedürfnis des Verbrauchers nach Verlässlichkeit und Sicherheit.

Darüber hinaus forderte Fischer eine schnelle Korrektur des § 40 Abs. 1a LFGB und ein Ende der Hygieneampeldebatten auf dem Rücken der Branche.



Downloads zu dieser Meldung