Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Von Jürgen Benad
Der Bundesgerichtshof hatte in einem aktuellen Fall zu entscheiden, ob der Schaden, der durch das Abschießen einer Feuerwerksrakete auf einem Wohngrundstück an einem Nachbargrundstück entsteht, unter dem Gesichtspunkt eines verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu ersetzen ist. Das ist auch für das Gastgewerbe von Interesse, wo vor allem an Silvester so manche Rakete gezündet wird.
Der Raketenschütze schoss am Abend des 1. Januar 2006 auf seinem Grundstück eine Feuerwerksrakete ab. Diese stieg zunächst etwa fünf Meter gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine 67 bis 87 Millimeter breite Spalte zwischen Außenwand und Dach in eine etwa 12 Meter entfernte Scheune ein. Dort explodierte sie und setzte nicht nur die Scheune, sondern den ganzen Gebäudekomplex in Brand (Scheune, Getreidelager, Schweinestall, Wohnhaus, Garagen). Dadurch entstand ein Schaden in Höhe von 417.720,91 Euro. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage dem Grunde nach stattgegeben, und zwar unter dem Gesichtspunkt eines verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs.
Die hiergegen gerichtete Revision des Raketenschützen hatte Erfolg. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn zwar nicht generell verlangen, das Abschießen von Feuerwerksraketen zu unterlassen, auch wenn dies potenziell zu einer Beeinträchtigung seines Grundstücks führen kann. Ein Unterlassungsanspruch entsteht aber in dem Zeitpunkt, in welchem sich – von dem Nachbargrundstück ausgehend – eine konkrete Gefahrenquelle (hier das Abdriften und Eindringen der Rakete in die Scheune) gebildet hat, aufgrund derer ein Einschreiten geboten ist. Kann dieser Anspruch – wie hier geschehen – aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig durchgesetzt werden, steht dem Grundstückseigentümer ein Ausgleichsanspruch in Form von Geld zu. Dieser setzt jedoch voraus, dass das zu einer Gefährdung führende Verhalten auf dem Nachbargrundstück dem Bereich der konkreten Nutzung dieses Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist. Daran fehlte es nach Ansicht des Senats hier, weil das Abschießen einer Feuerwerksrakete auch noch am Abend des Neujahrstages in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Wohnnutzung des Grundstücks stand. Es diente vielmehr der Befolgung eines gesellschaftlichen Brauches, bei dem die Wahl der Abschussstelle mehr oder weniger einer weit verbreiteten Übung entsprechend erfolgte, ohne dass ein darüber hinausgehender sachlicher Bezug zu der Wohnnutzung erkennbar war (Urteil vom 18. September 2009 – VZR 75/08 OLG Stuttgart – Urteil vom 20. März 2008 – 10 U 219/07 LG Ulm; Urteil vom 26. Oktober 2007 – 4 O 262/07)
Der Autor ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer im DEHOGA Bundesverband, Berlin.