Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Perspektiven schaffen: Leitlinien für den Re-Start des Gastgewerbes

Gastgewerbe verantwortlich wiederhochfahren 

Der DEHOGA begrüßt den Beschluss der letzten Ministerpräsidentenkonferenz zur Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die ein Konzept für den Weg aus dem Lockdown erarbeiten soll. 

Dass aus mehreren Bundesländern aktuell konkrete Öffnungsstrategien vorgelegt wurden, die auch Perspektiven für das vom zweiten Lockdown besonders hart getroffene Gastgewerbe enthalten, findet unsere ausdrückliche Zustimmung. 

Wichtig ist jetzt, dass sich die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern auf einen abgestimmten Plan verständigt, in dem auch die Gastronomie und Hotellerie berücksichtigt werden. 

Anfang November war unsere Branche wieder die erste, die geschlossen wurde – und das, obwohl nach Feststellung des RKI unsere Betriebe kein relevantes Infektionsgeschehen aufweisen. 

Trotz der zugesagten Hilfsleistungen, deren Auszahlung erst am 12. Januar angelaufen ist, herrscht bei den Unternehmern zunehmende Verunsicherung und Verzweiflung. Der seit über drei Monaten geltende erneute Lockdown verursacht monatlich Umsatzeinbußen von mehr als 75 Prozent. Zigtausende Existenzen und Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. 

Dabei hat das Gastgewerbe alle nachvollziehbaren Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mitgetragen. Die Erfahrungen im Sommer und Herbst haben gezeigt, dass die Unternehmer und Mitarbeiter die Hygiene- und Schutzmaßnahmen verantwortlich und konsequent umsetzen.

Die Gesundheit und Sicherheit der Gäste, Mitarbeiter und Unternehmer haben für uns als Branche der Gastfreundschaft oberste Priorität.

Was erwarten wir? 

I. Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung intensivieren 

1) Die erfolgreiche Umsetzung der Impfstrategie muss jetzt Priorität haben. Es muss schnellstmöglich sichergestellt werden, dass alle Mitbürger, die sich impfen lassen wollen, dies auch können.  

2) Auch die Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie sind in den Zeitplan der Umsetzung der Impfstrategie aufzunehmen.  

3) Die Corona-Teststrategie ist auszubauen – insbesondere durch die flächendeckende Ermöglichung einfach durchzuführender, möglichst kostenfreier Antigen-Schnelltests bzw. neuer Spucktests, die z.B. bei Veranstaltungen, Kongressen oder auf Reisen die Sicherheit erhöhen. 

4) Die Gesundheitsämter müssen in die Lage versetzt werden, die wichtige Aufgabe der Kontaktverfolgung umfassender ausfüllen zu können. Dazu bedarf es einer Verbesserung der digitalen wie personellen Ausstattung. 

5) Der hieraus abgeleitete Inzidenzwert ist laut Infektionsschutzgesetz der maßgebliche Wert. Wir bitten zu prüfen, welche weiteren objektiven Faktoren und Kennziffern von Relevanz sind (unter anderem Impfquote, Alter der Infizierten, Krankheitsverläufe, Auslastung der Gesundheitssystems). Welche Maßnahmen im Einzelnen gesundheitspolitisch geboten sind, können wir nicht definieren, deshalb bitten wir um Prüfung der von bekannten Virologen zusätzlich genannten Indikatoren. 

II. Gastgewerbe in einem Stufenplan zum Re-Start berücksichtigen 

Sobald die Infektionslage es zulässt, erwarten wir ein verlässliches und verantwortungsvolles Wiederhochfahren des Gastgewerbes. Dies gilt einmal mehr, wenn die maßgeblichen Inzidenzwerte erreicht werden. 

Die Branche hat bewiesen, dass sie Hygienekonzepte entwickeln und umsetzen kann. Der DEHOGA hat sich seit Beginn der Pandemie bei der branchenspezifischen Konkretisierung und Kommunikation der AHA+L-Regeln aktiv eingebracht und wird dies auch weiterhin fortsetzen und intensivieren. 

Es müssen klare Kriterien definiert werden, die einen Re-Start für die Betriebe planbar und nachvollziehbar machen, und es müssen Perspektiven für alle Betriebstypen geschaffen werden.

1) Betriebe, in denen durch Sitzplätze und Wegführung der Mindestabstand verlässlich eingehalten werden kann, müssen in einer frühen Öffnungsstufe berücksichtigt werden. Dazu gehören Hotels, gastronomische Betriebe, Betriebsrestaurants sowie Verpflegungseinrichtungen in Kitas, Schulen und Universitäten. 

2) Auch für Betriebe mit hoher Kontaktintensivität wie zum Beispiel Diskotheken ohne Sitzplatzpflicht müssen Perspektiven geschaffen werden. Hierfür müssen in intensivem Dialog zwischen Branche und Landesregierungen sowie unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die Schnelltests, Impfnachweise, aber auch Belüftungskonzepte bieten können, gangbare Wege gesucht und gefunden werden. 

III. Anforderungen an Wiedereröffnungsszenarien definieren 

Notwendig sind staatliche Re-Start-Konzepte mit nachvollziehbaren, widerspruchsfreien, praxistauglichen und verständlichen Regeln für Gäste wie Gastgeber.  

1) Ein bundesweit einheitliches Vorgehen muss angestrebt werden. Das erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen bei Gästen wie Gastgebern. Ein föderaler Flickenteppich wie beim Re-Start nach dem Frühjahrs-Lockdown oder ein Regelungschaos wie bei den Beherbergungsverboten im Herbst sollte unbedingt vermieden werden. Insbesondere alle Regelungen rund um das Thema Mobilität und Verhaltensvorschriften, die sich an die Gäste richten, sollten möglichst einheitlich geregelt werden, da sie sonst den Gästen nicht zu vermitteln sind und zu unnötigen Konfliktsituationen in den Betrieben führen. 

2) Die Stufenpläne müssen inzidenzbasiert und logisch sein. Dabei sind die Inzidenzen je Bundesland zu betrachten, da eine allzu kleinteilige Betrachtung Ausweichbewegungen provoziert und deshalb kontraproduktiv ist. Selbstverständlich bleiben dabei Hotspot-Regelungen möglich und sinnvoll, um lokale Infektionsausbrüche rechtzeitig einzudämmen. 

3) Wir brauchen zudem angemessene Vorlaufzeiten, auch mit Blick auf die Veröffentlichung der Verordnungen. Dies gilt einmal mehr nach dem langen Lockdown. Waren müssen rechtzeitig beschafft werden können, die Personaleinsatzplanung muss organisiert werden, Reservierungen müssen entgegengenommen und bearbeitet werden – dies alles benötigt eine Vorlaufzeit von 7 bis 14 Tagen.

4) Grundsätzlich erwarten wir, dass die Politik all ihre Entscheidungen sorgfältig abwägt und schlüssig erklärt. Viele Gerichtsentscheidungen aus den letzten Monaten zeigen, dass nicht alle staatlichen Maßnahmen verhältnismäßig waren und immer eine sorgfältige Grundrechtsabwägung stattfinden muss.
 
5) Spätestens dann, wenn das Infektionsgeschehen auf einen Inzidenzwert von unter 50 gemäß Infektionsschutzgesetz sinkt, erwarten wir konkrete Lockerungen und die Öffnung unserer Betriebe. Nicht nachvollziehbare Benachteiligungen unserer Branche bei einem Re-Start werden nicht vermittelbar sein. 
 
IV. Re-Start konkret: Was ergibt Sinn? Was ist nicht hilfreich? 

• Die Einhaltung der AHA+L Regeln ist Grundvoraussetzung. Dabei kommt insbesondere auch dem regelmäßigen Stoßlüften beziehungsweise der Frischluftzufuhr ggf. auch durch leistungsfähige Lüftungsanlagen eine wichtige Rolle zu. 

• Die Einhaltung des Mindestabstands sollte das maßgebliche Kriterium sein. Darüber hinaus gehende Kriterien wie Belegungsquoten haben sich als wenig praktikabel erwiesen und bringen keine Vorteile für den Infektionsschutz. Auch Angebote wie Buffets, Wellness, Pool, Sauna usw. müssen möglich sein, wenn Mindestabstand und Hygieneregeln eingehalten werden. 

• Pragmatische Lösungen, wie zum Beispiel Plexiglasscheiben als Alternative zu Mindestabstand und Maskenpflicht, müssen zugelassen sein. Dies hilft vor allem kleinen Betrieben mit wenig Bewirtungsfläche, mehr Gäste zu bewirten und dennoch das Infektionsrisiko entscheidend einzudämmen. 

• Die Regelungen zur Maskenpflicht für Mitarbeiter und Gäste sollten in den Bundesländern einheitlich, klar und verständlich sein. Die bisherigen unterschiedlichen Regeln zur Maskenpflicht bei Betreten der Außenfläche, beim Betreten des Innenraums sowie beim Gang zur Toilette haben die Gäste irritiert und nicht für eine höhere Akzeptanz gesorgt. Diesen Aspekt bitten wir auch bei der Festlegung der Maskentypen zu berücksichtigen. Es sollte bundeseinheitlich geregelt werden, welche Masken von Gästen und Mitarbeitern in der Gastronomie zu tragen sind, ob medizinische OP-Masken oder auch Alltagsmasken zulässig sind. 

• Die Branche wird Maßnahmen zur Optimierung der Gästeregistrierung ergreifen. Dazu gehört die qualifizierte Information über die datenschutzkonforme Gästeregistrierung in Papierlisten, aber insbesondere der Ausbau der digitalen Gästeregistrierung. Dazu stehen wir bereits in Kontakt mit führenden Kultur- und Sportverbänden und bieten unsere aktive Unterstützung bei der effizienten Erfassung von Gästedaten in der Gastronomie an. So wollen wir einen wirkungsvollen Beitrag zur Kontaktnachverfolgung leisten. 

• Es hat sich gezeigt, dass das Verbot von Alkoholausschank in der Gastronomie die Verlagerung von Kontakten in Privatwohnungen und auf öffentliche Plätze begünstigt. Dies ist im Sinne des Infektionsschutzes kontraproduktiv, da dort die Einhaltung der AHA+L Regeln nicht überprüfbar ist. 

• Öffnungszeitenbegrenzungen sollten vermieden werden. Das Infektionsrisiko ist nicht abhängig von der Tageszeit und längere Öffnungszeiten tragen sogar zu einer Entzerrung der Gästenachfrage und damit zur Kontaktreduzierung bei. Einschränkungen der Öffnungszeiten haben gezeigt, dass sich der Aufenthalt und die Kontakte vom kontrollierten in den unkontrollierten Bereich verlagern. 

• Die bisherigen Regelungen zur maximalen Personenzahl bei Tischbelegungen haben zu vielfältigen Diskussionen geführt. Sie sollten im Idealfall unterbleiben. 

• Eine Verpflichtung zum Aushang der einzuhaltenden AHA+L Regeln hilft dabei, den Gästen die Einhaltung dieser Regeln vor Augen zu führen. Der DEHOGA bietet an, die Sichtbarmachung dieser Regeln verstärkt zu unterstützen. 

• Auf kleinteilige Detailregelungen (z.B. Zulässigkeit von Tischdekoration, Entfernung von Zeitschriften aus den Hotelzimmern usw.) sollte allgemein verzichtet werden. Die Rechtsverordnungen der Bundesländer sollten das Wesentliche regeln, was unstrittig der Verbesserung des Infektionsschutzes dient.  

• Sowohl mit Blick auf Kontaktbeschränkungen als auch im Bereich von Veranstaltungen sollte nicht zwischen dem privaten und öffentlichen Raum unterschieden werden. Unterschiedliche Regelungen erschweren unnötig die Umsetzbarkeit und tragen nicht zur Akzeptanz der Vorgaben bei. Weniger strenge Vorgaben für den privaten Bereich führten in der Vergangenheit zu einer Verlagerung insbesondere von Veranstaltungen in den privaten Bereich. Einheitliche Vorgaben helfen zudem, unnötige Abgrenzungsfragen zu vermeiden. 

Schlussbemerkung: 
Dialog mit den DEHOGA-Landesverbänden intensivieren  Wir wünschen uns, dass sich am 10. Februar die Bundeskanzlerin sowie die Regierungschefs und Regierungschefinnen auf grundlegende Regeln für den Re-Start verständigen. Es sollten dort bundeseinheitlich die Voraussetzungen für die Öffnungsschritte definiert werden sowie eine Verständigung auf einheitliche Schutzmaßnahmen erfolgen, die die Akzeptanz bei den Gästen wie den Unternehmern erhöhen. Mit Blick auf die Mobilität der Gäste betrifft dies insbesondere die Regelungen zum Maskentragen, wie auch Regelungen für Beherbergungsbetriebe, damit wir nicht erneut massives Unverständnis bei Gästen wie auch Unternehmern erleben oder sich Gerichte wieder mit den Regelungswerken erneut befassen müssen. Die Frage, wann unsere Betriebe konkret öffnen dürfen, fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer, die auf der Basis des Infektionsgeschehens dann ihre Entscheidungen treffen. Unabhängig davon sollte für sogenannte Hotspotregionen die schnelle Reaktionsmöglichkeit vor Ort bestehen bleiben.