Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Arbeitskräfte-Einwanderung

DEHOGA-Bewertung und FAQ

Beschäftigung von Arbeits- und Fachkräften aus Drittstaaten im Gastgewerbe vereinfachen und ausbauen

Im Februar 2023 hat die Bundesregierung endlich die vom DEHOGA seit langem geforderten Gesetz- und Verordnungsentwürfe für eine Verbesserung der gezielten Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften vorgelegt. Vorangegangen waren zahlreiche Gespräche mit den zuständigen Ministerien und Politikern. Am 29. März 2023 hat die Bundeskabinett die Entwürfe mit einigen Änderungen beschlossen.

Der DEHOGA hat bereits Anfang März eine Stellungnahme abgegeben und wird sich selbstverständlich im Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren auch weiterhin für die notwendigen Erleichterungen für Hotellerie und Gastronomie einsetzen.

Insgesamt bewerten wir das Vorhaben als wichtigen und überfälligen Schritt in die richtige Richtung. Mehrere Forderungen des DEHOGA werden darin aufgegriffen.

Zwar werden längst nicht alle Erwartungen des Gastgewerbes an eine vorausschauende und wachstumsorientierte Einwanderungspolitik erfüllt. Insbesondere sind die Schritte für Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation noch zu zaghaft, die Regelungen sind teilweise überkomplex und enthalten immer noch viele Hürden. Es ergeben sich aber für engagierte Hoteliers und Gastronomen interessante zusätzliche Möglichkeiten, die dringend benötigten Fach- und Arbeitskräfte aus Drittstaaten einzustellen. Mehrere Forderungen des DEHOGA werden durch die Reform aufgegriffen.

Bis zu einem funktionierenden Auslandsrecruiting ist es dennoch ein weiter Weg. Der DEHOGA kämpft politisch dafür, dass dieser Weg weiter konsequent beschritten wird: Mit arbeitsmarktorientierten Gesetzen, aber auch mit funktionierenden Behörden und unbürokratischen Visaverfahren, guten Deutschkursen und professioneller Arbeitsvermittlung, Willkommenskultur und Integration.

DEHOGA-Bewertung und Forderungen

Einen Einstieg für die Einwanderung der im Gastgewerbe ebenfalls fehlenden Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation stellen die entfristete und ausgeweitete Westbalkanregelung und die Einführung einer kurzfristigen kontingentierten Beschäftigung (insbesondere für die Saison) dar. Dies reicht allerdings nicht aus, hier müssen mutigere Schritte gegangen werden.

Nicht auf die lange Bank geschoben werden darf das Ziel, die neuen materiellrechtlichen Regelungen auch mit einer besseren und schnelleren Umsetzung und Begleitmaßnahmen zu verbinden. Der DEHOGA hat die Befürchtung, dass der notwendige Bürokratieabbau und die Beschleunigung dann doch fehlenden personellen und technischen Ressourcen, Kompetenzgerangel oder schlicht einer Abwehrhaltung zum Opfer fallen. Das darf nicht sein!

Konkret fordert der DEHOGA bei der anstehenden Reform die folgenden Änderungen, Maßnahmen und Klarstellungen, die in der Stellungnahme ausführlich begründet werden:

  • Ausweitung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Drittstaatler auch ohne nachgewiesene formale Qualifikationen durch Übertragung der Idee der Westbalkanregelung auf weitere Staaten, z.B. im südostasiatischen Raum, Indien, Kaukasusstaaten wie Georgien oder die EU-Beitrittskandidaten
  • Vereinfachung der für Saisonbetriebe wichtigen vorgesehenen Einführung der kurzzeitigen kontingentierten Beschäftigung durch Streichung des Tarifvorbehalts sowie Berücksichtigung auch regionaler Bedarfe bei Festlegung der Kontingente
  • Beibehaltung der Möglichkeit der Ferienbeschäftigung von Fachschülern
  • Reduzierung der Komplexität bei der sog. Chancenkarte und bessere Verzahnung mit möglichen Anschlusstiteln, insbesondere Erfahrungssäule und Anerkennungspartnerschaft, durch erleichterte Voraussetzungen dort, d.h.:
  • Absenkung der Gehaltsschwelle in der sog. Erfahrungssäule sowie Berücksichtigung ausländischer, landestypischer Berufsqualifikationen, die keine mindestens zweijährige, staatliche anerkannte Ausbildung darstellen
  • Flexible Handhabung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Vereinbarung im Rahmen der sog. Anerkennungspartnerschaft
  • Weitere Flexibilisierung der Nebenbeschäftigung von Studierenden durch Zulassung von Jahresarbeitszeitkonten für die Erfassung des Arbeitstagekontos
  • Integration von effizienteren und unbürokratischeren behördlichen Prozessen in das laufende Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren, insbesondere bei Visaverfahren, Anerkennungsverfahren und Ausländerbehörden.
  • Qualitativ gute, staatlich finanzierte Sprachförderung im Aus- und Inland
  • Keine zusätzlichen bürokratischen Lasten für die Unternehmen durch neue Nachweis- und Dokumentationspflichten
  • Reduzierung der Komplexität des Zuwanderungsrechts und Aufbau einer Informations- und Beratungsstruktur für Bewerber und Arbeitgeber
  • Unterstützung der Unternehmen beim Auslandsrecruiting

Außer der gezielten Einstellung von Fach- und Arbeitskräften aus dem Ausland bleibt es sehr wichtig, für eine bessere Integration der bereits in Deutschland lebenden Zugewanderten in den Arbeitsmarkt zu sorgen, insbesondere von Geflüchteten. Hier ist das Gastgewerbe bereits Vorreiter, benötigt aber weitere staatliche Unterstützung für unkomplizierte Arbeitsgenehmigungen, Deutschkurse und bei der Schaffung von Wohnraum und Kinderbetreuung. Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, damit Menschen in Deutschland arbeiten können und wollen, statt im System staatlicher Transferleistungen zu verharren. Arbeit im Team, der Kontakt mit Kollegen und Gästen ist der beste Motor für Integration!

FAQ

 

Für Gastronomen und Hoteliers, die sich über die geplanten Neuerungen bei der Einstellung von Fach- und Arbeitskräften aus Drittstaaten informieren wollen, beantwortet der DEHOGA auf Grundlage der Kabinettsentwürfe vom 29. März 2023 die häufigsten Fragen aus der Branche in den folgenden FAQ:

 

 

1. Wird es jetzt einfacher, Arbeitskräfte von außerhalb der EU einzustellen?

Ja und nein. Das System der Erwerbsmigration im deutschen Recht wird nicht einfacher, sondern eher komplizierter. Das liegt daran, dass neue Aufenthaltstitel dazukommen, die teilweise sehr komplexe Voraussetzungen haben. Dennoch: Für die Unternehmen der Gastronomie und Hotellerie wird es nach der Reform mehr Möglichkeiten geben, Mitarbeiter aus Drittstaaten einzustellen, als bisher. Wer sich auf den Weg macht, den Regelungsdschungel zu durchleuchten, wird darin neue Wege finden. Der DEHOGA unterstützt seine Mitglieder dabei.

2. Welche Möglichkeiten gibt es zukünftig, Aushilfen oder Arbeitskräfte für Helfertätigkeiten aus Drittstaaten einzustellen?

Die Reform ist in erster Linie auf Fachkräfte gerichtet. Es gibt aber auch einige Regelungen, die auf Verbesserungen für Arbeitskräfte ohne formale Qualifikation zielen. Dazu zählen insbesondere die erweiterte Westbalkanregelung, die sog. kurzfristige kontingentierte Beschäftigung und die neue Chancenkarte.

Der DEHOGA hat deutlich gemacht, dass auch für Hilfskräfte ein Bedarf besteht und wird sich im Gesetzgebungsverfahren für weitere Verbesserungen einsetzen.

3. Was ändert sich bei der Westbalkanregelung?

Die Westbalkanregelung ermöglicht es seit 2016 Staatsangehörigen der sechs Westbalkanstaaten (das sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien), im Rahmen eines festgelegten Kontingents unabhängig von ihrer Qualifikation, in Deutschland zu arbeiten. Erforderlich sind dafür lediglich ein verbindliches Arbeitsplatzangebot eines Arbeitgebers in Deutschland und ein Visum. Es wird eine Vorrang- und eine Vergleichbarkeitsprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit durchgeführt.

Die Regelung ist bisher bis zum 31.12.2023 befristet. Diese Befristung soll jetzt aufgehoben werden. Außerdem soll das Kontingent von 25.000 auf 50.000 verdoppelt werden. Das sind zwei Maßnahmen, die der DEHOGA gefordert hatte und begrüßt.

4. Das klingt ja sehr einfach. Kann ich dann meine benötigten Anlernkräfte einfach in den Westbalkanländern suchen und einstellen?

Die Verdopplung des Kontingents auf 50.000 wird für Entlastung sorgen, dies deckt aber bei weitem nicht den Bedarf, denn auch Branchen wie die Bauwirtschaft fragen diese Mitarbeiter stark nach.

Das Nadelöhr bei der Westbalkanregelung sind insbesondere die Visaverfahren bei den deutschen Botschaften in den Westbalkanstaaten. Hier übersteigt die Nachfrage von Arbeitskräften das zur Verfügung stehende Terminangebot zur Antragstellung um mehr als das Hundertfache. Die Arbeitskräfterekrutierung über diesen Weg ist daher kaum zu kalkulieren. Hier muss das Auswärtige Amt seine Hausaufgaben machen, die Visaverfahren vereinfachen und beschleunigen, auch durch Digitalisierung, und die Prozesse verbessern. In den Gesetz- und Verordnungsentwürfen findet sich dazu bisher wenig, wir wissen aber, dass im Hintergrund an diesen Themen gearbeitet wird. Hier wird der DEHOGA weiter Druck machen.

5. Warum gibt es nicht auch für andere Staaten solche Kontingente mit einfachen Regelungen?

Die Westbalkanregelung hat eine ganz besondere Entstehungsgeschichte: Sie ist nach der Flüchtlingskrise 2015/2016 geschaffen worden, um dem Strom von Menschen, die ohne Aussicht auf Asyl über die Balkanroute in die EU kamen, eine Option auf gesteuerte Erwerbsmigration zu geben.

Wir denken, dass es jetzt an der Zeit ist, die Idee der Westbalkanregelung auch auf andere Staaten zu übertragen. Denn mittlerweile können wir in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung unseren Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr mit Kräften aus Deutschland und der EU decken. Wir brauchen also einfache Zuwanderungsmöglichkeiten auch für Hilfskräfte. Aus Sicht des DEHOGA kommen dafür insbesondere der südostasiatische Raum, Indien, Kaukasusstaaten wie Georgien und die EU-Beitrittskandidaten (soweit sie nicht ohnehin zum Westbalkan gehören) in Betracht.

Der DEHOGA fordert eine solche Erweiterung im Gesetzgebungsverfahren ein. Die Bundesregierung hat zugesagt, entsprechende Migrationsabkommen zu prüfen. Hier müssen den Worten zeitnah Taten folgen.

6. Insbesondere in der Saison brauche ich in meinem Betrieb zusätzliche Arbeitskräfte. In Deutschland finde ich diese nicht, aber für viele Drittstaatler wären solche Saisonjobs doch sehr attraktiv. Hilft die geplante Reform hier weiter?

Wir hoffen: Ja. Allerdings mit zwei großen „Aber“…

In der Beschäftigungsverordnung ist eine neue Regelung vorgesehen, die eine „kurzfristige kontingentierte Beschäftigung“ ermöglicht.

Das bedeutet: Die Bundesagentur für Arbeit kann für bestimmte Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen eine am Bedarf orientierte Zulassungszahl (Kontingent) festlegen. Wenn sie das getan hat, können Drittstaatler eine Arbeitserlaubnis für bis zu 8 Monate innerhalb eines Zulassungszeitraums von 12 Monaten erhalten. Der konkrete Betrieb darf über diese Regelung 10 Monate innerhalb von 12 Monaten Mitarbeiter beschäftigen. Bedingungen für einen Aufenthaltstitel nach dieser Regelung sind:

  • eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 30 Stunden wöchentlich
  • Tarifbindung des Arbeitgebers an einen Entgelttarifvertrag gemäß § 3 oder § 5 (AVE) Tarifvertragsgesetz
  • Beschäftigung zu geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen
  • Arbeitgeber trägt die Reisekosten

Für Betriebe mit schwankendem Arbeitskräftebedarf über den Jahresverlauf können sich dadurch interessante neue Möglichkeiten ergeben, Saisonkräfte aus Drittstaaten einzustellen. Damit hat die Bundesregierungen auch auf Forderungen des DEHOGA reagiert, zusätzliche Optionen für die Saisonbranche Gastgewerbe zu schaffen.

Die beiden großen „Aber“ sind aus Sicht des DEHOGA allerdings das Erfordernis der Tarifbindung, dass u.E. einen Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit darstellt, sowie die Zweifel, für welche Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen die BA  Kontingente in welcher Höhe festlegen wird. Hier wird sicherlich noch weiterer Dialog mit der BA erforderlich sein. Wir fordern außerdem die Möglichkeit, auch regionale Kontingente festzulegen.

7. Was ist die sog. Chancenkarte?

Der Chancenkarte ist der Einstieg Deutschlands in ein Punktesystem, wie es das in klassischen Einwanderungsländern des Commonwealth schon lange gibt. Die Idee dahinter ist, dass Menschen, die Potenziale mitbringen, die ihnen gute Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt bieten, die Möglichkeit erhalten sollen, vor Ort und in direktem Kontakt mit potenziellen Arbeitgebern einen Job zu finden.

Wer eine Chancenkarte erhält, darf für max. 12 Monate einreisen, um in Deutschland nach einem Job zu suchen. Während dieser Zeit darf der Bewerber eine Nebenbeschäftigung bis zu 20 Stunden pro Woche ausüben. Auch Probearbeiten für jeweils max. 2 Wochen sind zulässig.

Voraussetzungen, um eine Chancenkarte zu erhalten, sind:

  • Lebensunterhalt für die Zeit der Suche gesichert
  • Deutschkenntnis mindestens auf dem Niveau A2 oder Englischkenntnisse Niveau B2
  • ausländische Berufsqualifikation (im Herkunftsland staatlich anerkannt, mindestens 2 Jahre) und
  • mindestens 6 Punkte

8. Was muss der Bewerber vorweisen, um mindestens 6 Punkte zu bekommen?

Es gibt Punkte für verschiedene Dinge und sehr viele unterschiedliche Kombinationen, wie man die 6 Punkte erreichen kann, nach derzeitiger Planung z.B.

  • Punkte für bessere Deutschkenntnisse: 3 Punkte für B2-Niveau oder 2 Punkte für B1-Niveau oder Englischkenntnisse Niveau C1
  • 4 Punkte für ein bereits durchgeführtes Anerkennungsverfahren, bei dem teilweise Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses und Anpassungsbedarf festgestellt wurden
  • Punkte für einschlägige Berufserfahrung: 2 oder 3 Punkte je nach Dauer
  • 3 Punkte für ein Alter unter 35 bzw. 2 Punkte für ein Alter unter 40 Jahre
  • 1 Punkt für einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland in der Vergangenheit
  • 1 Punkt für einen „Paten“ in Deutschland

9. Was muss ich als Betrieb wissen, wenn ich einen Bewerber mit Chancenkarte beschäftigen will?

Es ist zu unterscheiden:

a) Wer einen Drittstaatler für längere Zeit einstellen will, muss bedenken, dass die Chancenkarte nur einen Suchtitel für max. 12 Monate gibt. Für einen Anschlusstitel nach erfolgreicher Suche muss dann geprüft werden, auf welcher Rechtsgrundlage ein längerfristiger Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Nach unserer Einschätzung können hierfür insbesondere die Anerkennungspartnerschaft oder die sog. Erfahrungssäule oder auch die Durchführung einer Ausbildung in Betracht kommen. Alle drei haben eigene Voraussetzungen und stellen auch Anforderungen an den Arbeitgeber.

b) Während der Dauer, für die die Chancenkarte ausgestellt wurde, darf deren Inhaber eine Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche ausüben. Der Arbeitgeber sollte sich vom Mitarbeiter bestätigen lassen, dass dieser keine weiteren Arbeitsverhältnisse hat bzw. eingehen wird.

c) Während der Dauer, für die die Chancenkarte ausgestellt wurde, darf deren Inhaber für Probebeschäftigungen von jeweils maximal zwei Wochen Dauer eingesetzt werden. Zulässig sind nur qualifizierte Probebeschäftigungen, die zu dem jeweils ins Auge gefassten Anschlusstitel passen. Es geht nicht um einen regulären Arbeitseinsatz, sondern das gegenseitige „Beschnuppern“ und Ausloten, ob eine längerfristige Anschlussbeschäftigung funktionieren kann. Für Arbeitgeber empfiehlt sich, die Vereinbarungen und den beabsichtigen Anschlusstitel zu dokumentieren. Der Inhaber der Chancenkarte darf unbegrenzt viele Probebeschäftigungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern durchführen.

10. Kann die Chancenkarte verlängert werden, wenn innerhalb der 12 Monate noch keine Entscheidung für einen Anschlusstitel erreicht werden konnte?

Nein.

11. Werden unbegrenzt viele Chancenkarten ausgestellt?

Das Innenministerium kann jederzeit eine Begrenzung festlegen, wenn der Arbeitsmarkt oder begrenzte Kapazitäten der Behörden dies erfordern.

12. Die Reform zielt weiterhin hauptsächlich auf Fachkräfte. Ist das denn nicht unrealistisch? Eine duale Berufsausbildung, wie wir Sie in Deutschland haben, gibt es doch in den meisten Drittstaaten nicht.

Es ist richtig, dass das System der dualen Berufsausbildung weltweit eher die Ausnahme als die Regel ist. „Fachkraft“ bedeutet aber jetzt eben nicht mehr zwingend, dass der Drittstaatler einen Ausbildungsabschluss im deutschen Sinne haben muss. Folgende Varianten sind möglich und im Gastgewerbe – heute oder in Zukunft – von praktischer Relevanz:

a) Schon bisher konnten Drittstaatler, die einen ausländischer Berufsabschluss haben, der als gleichwertig mit einem deutschen Berufsabschluss anerkannt wurde, eine Arbeitsgenehmigung erhalten. das bleibt auch so. Für die Anerkennung ist für die gastgewerblichen Ausbildungsberufe die IHK FOSA zuständig.

Die Anerkennung ist häufiger als viele denken, insbesondere bei den Köchen. Dort endeten im Jahr 2021 726 Anerkennungsverfahren mit einem Bescheid auf volle Gleichwertigkeit. Bei den Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufen waren es 144. Es ist erforderlich, diese Zahlen weiter zu erhöhen. Deshalb fordert der DEHOGA eine Vereinfachung der heute sehr langwierigen, individuellen Anerkennungsverfahren der IHK FOSA.

b) Ein Teil der Anerkennungsverfahren endet heute mit einem Bescheid der IHK FOSA, der die teilweise Gleichwertigkeit bescheinigt. Das hat dann zur Folge, dass auch eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden kann, allerdings nur befristet und unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber eine Anpassungsqualifizierung ermöglicht. Mit Hilfe dieser Qualifizierungsmaßnahmen, die ggf. auch betrieblich und praktisch durchgeführt werden können, wird der Weg hin zur vollen Gleichwertigkeit geebnet.

Für die Anpassungsqualifizierung steht zukünftig mehr Zeit zur Verfügung: Maximal 3 statt bisher 2 Jahre. Außerdem wird der Zeitumfang der Beschäftigung, die unabhängig von der Qualifizierungsmaßnahme ausgeübt werden darf, von 10 auf 20 Wochenstunden erhöht. Diese Änderungen erleichtern die Durchführung von Anpassungsqualifizierungen und werden deshalb vom DEHOGA begrüßt. Außerdem wird mit der Anerkennungspartnerschaft ein neues Instrument eingeführt, wie Arbeitgeber und Mitarbeiter gemeinsam den Weg zur vollen Anerkennung beschreiten können.

c) Manche Qualifikationen, die in Deutschland typischerweise über eine duale Ausbildung erlangt werden, werden in anderen Staaten über ein Hochschulstudium erlangt. Wenn die ZAB (das ist die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der Kultusministerkonferenz) einen ausländischen Studienabschluss als gleichwertig mit einer deutschen Berufsausbildung anerkennt, kann eine Arbeitsgenehmigung erteilt werden. Das kann manchmal einfacher sein als die Anerkennung der IHK FOSA, weil keine Einzelfallprüfung notwendig ist.

Diesen Weg geht die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) z.B. in Kooperation mit dem DEHOGA im Rahmen des Projektes Comex (Vermittlung von Köchen aus Mexiko).

d) Die Reform sieht außerdem die Ausweitung der sog. „Erfahrungssäule“ vor. Darüber können auch Fachkräfte mit einem ausländischen Berufsqualifikation aber ohne Anerkennungsverfahren unter bestimmten (allerdings engen) Voraussetzungen einen Aufenthaltstitel erhalten.

13. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Menschen über die „Erfahrungssäule“ in Deutschland beschäftigt werden?

Heute ist die Möglichkeit, mit „ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung“ aber ohne anerkannten Berufsabschluss in Deutschland zu arbeiten, auf IT-Kräfte beschränkt. Diese Regelung soll durch die Reform auf alle Berufe ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite werden allerdings die Voraussetzungen strenger.

Eine Beschäftigung über diese sog. Erfahrungssäule soll zukünftig voraussetzen:

  • Qualifizierte Beschäftigung
  • Mindestens 2-jährige, in den letzten 5 Jahren erworbene einschlägige Berufserfahrung
  • Arbeitsplatz mit einem Gehalt von mindestens 45 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Das entspricht aktuell rund 3.200 € monatlich. Tarifgebundene Arbeitgeber können von dieser Schwelle nach unten abweichen.
  • Ausländische Berufsqualifikation, die in dem Staat, in dem sie erworben wurde, staatlich anerkannt ist und eine Dauer von mindestens zwei Jahren hat.

Der DEHOGA fordert, die Gehaltsschwelle, die das gastgewerbliche Tarifsystem nicht berücksichtigt, abzusenken und auf die staatliche Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation sowie die Mindestdauer von zwei Jahren zu verzichten. Gastgewerbliche Berufserfahrung und Qualifikation wird in vielen Ländern der Welt eher informell durch das Lernen bei „Meistern“ erworben.

14. Was hat man sich unter der geplanten Anerkennungspartnerschaft vorzustellen?

Bei den Anerkennungspartnerschaft können der zukünftige Arbeitgeber und der Drittstaatler eine Vereinbarung schließen, wie die wechselseitigen Aktivitäten und Pflichten aussehen, mit denen der Drittstaatler zu einem erfolgreichen Anerkennungsverfahren kommt.

15. Welche Vorteile bietet die Anerkennungspartnerschaft?

Für den Arbeitgeber bietet die Anerkennungspartnerschaft die Möglichkeit, mit einem Drittstaatler, den er z.B. über die Chancenkarte oder ein Praktikum kennengelernt hat, zu einem längerfristigen Arbeitsverhältnis als Fachkraft zu kommen.

Für den Drittstaatler bietet die Anerkennungspartnerschaft die Chance, von Deutschland aus und mit gesicherter Unterstützung seines Arbeitgebers ein Anerkennungsverfahren durchführen zu können.

Bereits während der Dauer der Anerkennungsvereinbarung besteht eine Arbeitsgenehmigung.

16. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Anerkennungspartnerschaft vereinbart werden?

Die Voraussetzungen für eine Arbeitsgenehmigung auf Grundlage einer Anerkennungspartnerschaft sind:

  • Ausländische Berufsqualifikation, im Herkunftsland staatlich anerkannt und mindestens 2 Jahre Dauer
  • Konkretes Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung
  • Vereinbarung: Drittstaatler verpflichtet sich, unverzüglich Anerkennungsverfahren einzuleiten. Arbeitgeber verpflichtet sich, von Anerkennungsstelle festgestellte Qualifizierungsmaßnahme zu ermöglichen.
  • Arbeitgeber ist für Ausbildung oder Nachqualifizierung geeignet.
  • Sprachkenntnisse A2

17. Ändert sich etwas für Drittstaatler, die eine Ausbildung in Deutschland machen wollen?

Unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen können junge Leute zur Ausbildungsplatzsuche nach Deutschland einreisen. Für diese Fälle wird die Altersgrenze von 25 auf 35 Jahre erhöht und die Dauer von 6 auf 9 Monate verlängert.

Der Normalfall ist allerdings, dass Azubis schon direkt aus dem Ausland in deutsche Ausbildungsbetriebe vermittelt werden. Für diesen Fall sind keine wesentlichen Rechtsänderungen geplant. Informationen zu den Voraussetzungen, um einen Drittstaatler in Deutschland ausbilden zu dürfen, finden Sie Im Portal „Make it in Germany“

Hinweis:

Im letzten Jahr hat die Zahl der Drittstaatler, die zum Absolvieren einer Ausbildung im Gastgewerbe nach Deutschland eingereist sind, stark zugenommen. Aus Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben wissen wir, dass leider nicht in allen Fällen die sprachliche und kulturelle Vorbereitung der Azubis so ist, dass mit einer erfolgreichen Ausbildung zu rechnen ist.

Wer erfolgreich Azubis aus Drittstatten ausbilden möchte, muss bereit sein, auch selbst Mitverantwortung für diese jungen Menschen zu übernehmen und Willkommenskultur zeigen und zu leben. Wir empfehlen Ausbildungsbetrieben, die bereits in Drittstaaten Azubis rekrutieren oder dies für die Zukunft überlegen, auch in eigenem Interesse die folgenden Punkte zu beachten:

  • zu überprüfen, ob das erforderliche Sprachniveau B 1 bei Ausbildungsbeginn tatsächlich vorliegt. Hierzu kann man z.B. Sprachzertifikate bestimmter, seriöser Anbieter verlangen und ein Online-Bewerbungsgespräch in deutscher Sprache führen, um sich auch unabhängig von der vorgelegten Bescheinigung selbst ein Bild von den vorliegenden Sprachkenntnissen zu machen.
  • den Auszubildenden im Laufe der Ausbildung den Erwerb eines B2-Sprachzertifikats zu ermöglichen, um eine erfolgreiche schriftliche IHK-Prüfung sicherzustellen.
  • Die Fördermöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Assistierten Ausbildung (AsA) zu nutzen, um z.B. berufsbezogene Deutschkenntnisse oder Nachhilfe zu finanzieren.
  • aktiv dazu beizutragen, dass die Jugendlichen gut im Betrieb, in ihrer Ausbildung und im Ort ankommen.
  • die Auszubildenden mit den Informationen zu versorgen, die sie für ihren Start brauchen, z.B. Infos über den Betrieb und die Region, Ärzte in der Nähe oder Ansprechpartner in Behörden.
  • die Auszubildenden bei der sozialen Integration in Deutschland zu unterstützen, z.B. durch Paten oder familiären Anschluss. Die Jugendlichen sind sonst von den alltäglichen Herausforderungen überfordert. Wichtig ist z.B. Begleitung bei Behördengängen sicherzustellen oder bei Abschluss von Miet- oder Handyvertrag zu unterstützen.
  • das Ausbildungsverhältnis möglichst zu Schuljahresbeginn (je nach Bundesland 1.8. oder 1.9.) zu starten. Ein unterjähriger Einstieg ist zwar möglich, erschwert den Jugendlichen aber den Einstieg und macht es den Berufsschulen schwer, Fördermaßnahmen umzusetzen.
  • angemessene Arbeitsbedingungen sicherzustellen und bei einer angenehmen Wohnsituation zu unterstützen, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden.
  • insbesondere bei Azubis mit ausbaubedürftigen Deutschkenntnissen oder Integrationsschwierigkeiten auch die Möglichkeit einer theoriereduzierten zweijährigen Ausbildung (Fachkraft Küche oder Fachkraft für Gastronomie, vgl. www.dehoga-ausbildung.de) zu berücksichtigen. Bedenken Sie bei der Wahl des Ausbildungsberufes bitte auch, dass die Auszubildenden in den dreijährigen Berufen durch die Einführung der Gestreckten Abschlussprüfung (GAP) bereits nach etwa der Hälfte der Ausbildungszeit einen Teil ihrer Abschlussprüfung absolvieren müssen, der mit 25 % für die Endnote zählt.
  • nicht zu viele Auszubildende aus dem gleichen Herkunftsland gleichzeitig einzustellen, damit sie sich nicht von Kollegen und Mitschülern abschotten, sondern gehalten sind, bei Arbeit und Freizeit Deutsch zu sprechen. Ideal sind nach unserer Erfahrung je nach Betriebsgröße 2-3 Azubis – so fühlen sie sich nicht allein, der Anreiz zur Integration bleibt aber erhalten.
  • nur mit seriösen Vermittlern zusammenzuarbeiten. Dafür können Sie sich z.B. Referenzen oder Erfahrungsberichte geben lassen. Qualitätskriterium dabei ist z.B., dass außer dem reinen Spracherwerb auch eine kulturelle Vorbereitung der Azubis erfolgt, was sie in der dualen Ausbildung in Deutschland erwartet. Auch sollte sichergestellt sein, dass der Azubi oder seine Familie sich nicht finanziell überfordern, um die Ausbildung in Deutschland beginnen zu können.

18. Unter welchen Voraussetzungen dürfen zukünftig ausländische Studierende in Deutschland einen Nebenjob ausüben?

Drittstaatler, die in Deutschland in Vollzeit studieren, dürfen einen Nebenjob im Gastgewerbe ausüben. Dieser darf bisher max. einen Umfang von 120 Tagen oder 240 halben Tagen im Jahr einnehmen.

Diese Begrenzung soll mit der Reform flexibilisiert werden: Zulässig sind zukünftig Arbeitstagekonten mit entweder

  • bis zu 140 Tagen oder
  • bis zu 280 halben Tagen (max. 4 Stunden) oder
  • bei Beschäftigungen im Umfang der sog. Werkstudentenregelung, d.h. bis zu 20 Stunden je Kalenderwoche in der Vorlesungszeit und unbegrenzter Arbeitszeit in den Semesterferien, werden 2 ½ Arbeitstage pro Kalenderwoche berechnet.

19. Ändert sich etwas bei der Ferienbeschäftigung von ausländischen Studierenden?

Heute können Studierende sowie Schüler ausländischer Hochschulen und Fachschulen zur Ausübung einer Ferienbeschäftigung von bis zu 90 Tagen, die von der Bundesagentur für Arbeit vermittelt worden ist, einen Aufenthaltstitel erhalten. Zukünftig soll diese Möglichkeit auf Hochschüler beschränkt werden. Schüler ausländischer Hotelfachschulen würden damit ausgeschlossen.

Diese Streichung kritisiert der DEHOGA scharf, denn damit würde das berufliche Bildungssystem gegenüber dem akademischen Bildungssystem massiv benachteiligt.

20. Ändert sich etwas für ausländische Praktikanten?

Hier sind keine für das Gastgewerbe relevanten Änderungen geplant.

Informationen zu den Möglichkeiten, Menschen, die in einem Drittstaat ein Studium absolvieren, als Praktikanten zu beschäftigen, finden Sie hier.

21. Ändert sich etwas für Spezialitätenköche?

Hier sind keine Änderungen vorgesehen.

22. Was ist denn mit den Menschen, die bereits in Deutschland sind, aber hier nicht arbeiten dürfen? Es wäre doch viel wichtiger, diese in Arbeit zu bringen, als neue Mitarbeiter aus dem Ausland zu holen.

Wir sind überzeugt davon: Wir brauchen beides.

Natürlich ist es ungeheuer wichtig, dass Menschen, die z.B. als Geflüchtete bereits in Deutschland leben, sich hier auch ihren Lebensunterhalt verdienen. Im aktuellen Gesetzgebungsverfahren spielt diese Gruppe zwar keine Rolle. Aber bereits 2022 ist das sog. Chancen-Aufenthaltsgesetz in Kraft getreten, das Arbeitsgenehmigungen für Menschen mit einer sog. Duldung erleichtert. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Auch bei den Geflüchteten aus der Ukraine wurden rechtliche Hürden für eine Beschäftigung sehr schnell aus dem Weg geräumt.

Wo noch Verbesserungsbedarf besteht, ist allerdings die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme von Geflüchteten. Hier müssen mehr und bessere Deutschkurse und Integrationskurse durchgeführt werden. Die Arbeitsvermittlung muss erfolgreicher werden und Geflüchtete, die arbeiten, müssen bessere Möglichkeiten der Kinderbetreuung bekommen und Zugang zu bezahlbarem Wohnraum. Außerdem müssen mehr Anreize geschaffen werden, damit Menschen in Deutschland arbeiten können und wollen, statt im System staatlicher Transferleistungen zu verharren. Arbeit im Team, der Kontakt mit Kollegen und Gästen ist der beste Motor für Integration!

RA Sandra Warden
Geschäftsführerin
warden​[at]​dehoga.de