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Sicherheit geht vor

Gericht verurteilt Veranstalter eines Public-Viewing-Events

 

 

Von Stephan Büttner

In einem Anfang Juli 2011 bekanntgegebenen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. November 2010 wurde der Veranstalter eines „Public-Viewing-Events“ in die Haftung einbezogen. Das Gericht stellte fest, dass der Veranstalter für die Sicherheit von stehenden Zuschauern auf einer Sitztribüne verantwortlich ist.

Was war passiert? Der Veranstalter hatte für eine dreistöckige Sitztribüne, die ohne Geländer abgesichert war, eine ordnungsbehördliche Genehmigung erhalten und zeigte während der Fußballweltmeisterschaft 2006 im Rahmen eines „Public-Viewing-Events“ Länderspiele. Mehrere Gäste stürzten aus dem Stand aus 80 Zentimeter Höhe zu Boden. Ein Gast brach sich hierbei den Arm, war danach mehrere Monate arbeitsunfähig und verklagte den Veranstalter unter anderem auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz.

Das OLG Hamm gab dem Kläger Recht. Der Veranstalter, so das Gericht, habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt und hafte daher dem Kläger für die entstandenen Schäden. Er sei für die Sicherheit der auf der Sitztribüne stehenden Zuschauer verantwortlich und werde nicht durch die ordnungsbehördliche Genehmigung entlastet, führte der Senat aus und folgte damit der Entscheidung der Vorinstanz, dem Landgericht Essen.

Das Mitverschulden des Veranstalters bewertete das Gericht mit 50 Prozent. Die Gefahr eines Sturzes sei bei wiederholten tumultartigen Bewegungen unter den Zuschauern auf der Bühne offensichtlich gewesen. Der Kläger hingegen hätte sich durch vorsichtiges Verhalten vor einem Schaden schützen und den Tribünenrand meiden können. Daher sprach das Gericht dem Kläger nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro und weiteren Schadensersatz in Höhe von etwa 3300 Euro zu.

Auch das Oberlandesgericht Stuttgart hatte bereits in einem im April 2009 veröffentlichten Beschluss den Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch eines Gastes gegen einen Gastronomen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten bejaht.

Der Fall: Der Gast war auf dem zum Betrieb gehörenden Parkplatz auf einen brüchigen Kanaldeckel getreten, eingebrochen und in den Kanalschacht gefallen.

Zur Begründung führte das Oberlandesgericht Stuttgart aus: Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der in seinem Gefahrenbereich (hier Gästeparkplatz oder im Fall des OLG Hamm die Sitztribüne) eine Gefahrenquelle oder einen Gefahr drohenden Zustand schafft oder andauern lässt, die Pflicht hat, alle ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung der Gäste zu verhindern.

Verkehrssicherungspflichtig wäre eigentlich der Konzessionsinhaber, also in vielen Fällen die GmbH oder KG. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedoch auch der Betriebsleiter oder der Geschäftsführer einer GmbH wegen Nichterfüllung einer Verkehrssicherungspflicht verantwortlich, wenn er nicht die notwendigen organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, um einen Schaden von den Gästen abzuwenden. Betriebsleiter oder Geschäftsführer einer GmbH nehmen eine besondere Stellung (sogenannte Garantenstellung) zum Schutz fremder Güter ein. Hieraus erwächst das allgemeine Gebot, innerbetriebliche Abläufe so zu organisieren, dass Schädigungen Dritter vermieden werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer im DEHOGA Bundesverband, Berlin.