Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
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Das Gastgewerbe in Europa verlangt Atempause vom Europäischen Gesetzgeber – Kent Nyström wird Nachfolger von Bernd Geyer als HOTREC-Präsident

58. Vollversammlung von HOTREC (Prag, 6.-7. November 2008)

(10. November 2008) Anlässlich der 58. HOTREC*-Vollversammlung diskutierten 40 Hotel- und Gaststättenverbände aus 25 europäischen Staaten die Herausforderungen und Bedrohungen angesichts der aktuellen ökonomischen Turbulenzen. Im Namen von HOTREC und der Mitgliedsverbände forderte Präsident Bernd Geyer ein Moratorium für einige der EU-Gesetzgebungsaktivitäten. So muss der gänzlich unangemessene Vorschlag der EU-Kommission zur Nahrungsmittelkennzeichnung in Restaurants vom Tisch genommen und eine flexiblere Anwendung der HACCP-Prinzipien in Kleinunternehmen zugelassen werden. Auch der Druck zur Entwicklung immer mehr standardisierter touristischer Dienstleistungen muss nachlassen. Das Gastgewerbe in Europa sieht sich just in einer Zeit mit immer neuen europäischen Politikvorstößen konfrontiert, in der die gesamte Aufmerksamkeit der Branche dem Abwenden einer konjunkturellen Krise gelten müsste. Daher nimmt das Gastgewerbe in Europa die endlose Debatte um die Gewährung reduzierter Mehrwertsteuersätze für Restaurants auch nur mit größtem Unverständnis zur Kenntnis.

*HOTREC repräsentiert Hotels, Restaurants und Cafés auf europäischer Ebene. Das Gastgewerbe zählt allein in der Europäischen Union 9 Millionen Beschäftigte und 1,6 Million Unternehmen, von denen 92 Prozent weniger als zehn Mitarbeiter zählen. HOTREC vereinigt 40 nationale Unternehmens- und Arbeitgeberverbände aus insgesamt 25 Europäischen Ländern

Ökonomische Turbulenzen
Die Finanz- und Wirtschaftskrise setzt das Gastgewerbe, wie viele andere Branchen auch, unter großen Druck. Zahlreiche Investitionsprojekte in der Hotellerie werden zeitlich verschoben oder gar nicht realisiert. Ein spürbarer Rückgang der Nachfrage ist zu verzeichnen. Mit Blick auf diese Entwicklung verlangten die Teilnehmer der HOTREC-Vollversammlung einhellig eine Atempause in den EU-Gesetzgebungsaktivitäten in Bezug auf das Gastgewerbe und eine Fortsetzung der Unterstützung für Trainings- und Schulungsmaßnahmen für die Branche. Die EU-Institutionen sollten sich darauf konzentrieren, einer Branche, die zu 99 Prozent aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besteht, vorteilhafte politische Rahmenbedingungen zu gewähren, statt immer zusätzliche Lasten aufzuerlegen.

Bessere Regulierung
Die Teilnehmer forderten die EU-Institutionen ferner auf, an dem selbst gesetzten „Better regulation”-Prinzip festzuhalten, das zwar gefordert, jedoch nicht gelebt werde. Als besonders augenfälliges Beispiel dient dabei das offizielle „Impact Assessment” zum Vorschlag zur Lebensmittelkennzeichnung in Restaurants, in dem es verblüffenderweise heißt: „Es liegt keine systematische Erforschung vor, was die Vorschriften an Kosten mit sich bringen würden“. Ein weiteres Beispiel ist die jüngst von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz durchgeführte Konsultation zu einer Initiative für eine rauchfreie Umgebung, die in einer Ratsempfehlung münden könnte. Parallel dazu wird von der Generaldirektion Beschäftigung eine Konsultation zum Rauchen am Arbeitsplatz organisiert. Diese Duplizierung von Kommissionsinitiativen erzeugt nur Konfusion und neue Belastungen für das Gastgewerbe.

Mehrwertsteuer
Das Gastgewerbe in Europa setzt auf die rasche Verabschiedung einer Richtlinie zur Ermöglichung der Anwendung reduzierter Mehrwertsteuersätze für Restaurants, um den besonderen aktuellen Herausforderungen der Wirtschafts- und Finanzkrise gerecht werden zu können. Alexander Wiedow, Direktor für Indirekte Besteuerung in der Generaldirektion Steuern der Europäischen Kommission, bestätigte die hierzu immer noch weit auseinander liegenden Auffassungen innerhalb des Europäischen Rates. Aus diesem Grund befürchten die HOTREC-Mitgliedsverbände, dass der Branche dieses wichtige Instrument zur Begegnung einer rapide nachlassenden Kaufkraft der Verbraucher weiter verwehrt bleiben könnte.

Nahrungsmittelkennzeichnung
Die Teilnehmer an der Generalversammlung bestätigten die von Ludger Fischer von UEAPME (Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe) vorgetragenen Zweifel hinsichtlich Machbarkeit und Angemessenheit des Kommissionsvorschlages zur Kennzeichnung nicht-vorverpackter Lebensmittel. Sollte diese neue Vorschrift angenommen werden, wird auf das Gastgewerbe nicht nur eine zusätzliche Belastung in Milliardenhöhe zukommen, sondern von kleinen Restaurants auch noch schlicht Unmögliches verlangt. Zudem benötigen Verbraucher äußerst selten derart detaillierte Informationen, die in solch einem Fall dann auch bei den Mitarbeitern abgerufen werden können. Letztlich müssten gerade kleinere Restaurants ungewollterweise verstärkt auf eine Standardisierung ihres Speisenangebotes setzen.

Zahlungskarten
Xavier Durieu, Generalsekretär von EuroCommerce, äußerste seine ernsten Bedenken, dass MasterCard die Wettbewerbsentscheidung der Europäischen Kommission vom Dezember 2007 zum multilateralen Interbankentgelt unterlaufen und die Banken den Händlern und Hoteliers zustehende Rückerstattungen vorenthalten könnten. Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), unterstrich diese Einschätzung und appellierte insbesondere an Hoteliers mit starkem Geschäftsanteil aus dem europäischen Ausland, von ihren Kreditkartenanbietern Auskunft über diese via MasterCard abgewickelten Zahlungen einzuholen.

Gesundheitsfragen
Die HOTREC-Vollversammlung stellte gemeinsam mit Xavier Durieu die gegenwärtige Neigung der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission in Frage, die Verantwortung für die Verbraucheraufklärung zunehmend von öffentlichen Einrichtungen auf die Wirtschaft zu verlagern. Aurora Abad vom Europäischen Wein-Komitee präsentierte den HOTREC-Mitgliedsverbänden hierzu die Aktivitäten ihrer Organisation im Rahmen des Alkoholforums der Europäischen Kommission.

Brandschutz
Besondere Aufmerksamkeit erlangte die Debatte zum Brandschutz in Hotels. Das EU-Parlament drängt die Europäische Kommission zu einer stärkeren Regulierung auf EU-Ebene. Die Teilnehmer unterstrichen einhellig, dass ein „Aufsatteln“ auf die bereits umfangreichen Auflagen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene nur zusätzliche Komplexität, aber keinen erhöhten effektiven Brandschutz mit sich brächte. Im Sinne der Eigenverantwortung haben sich die HOTREC-Mitgliedsverbände daher darauf verständigt, eine Charta für feuersichere Hotels in Europa gemäß einer Brandschutz-Methodologie zu entwickeln. Dieses Hilfsmittel soll Hotels aller Größen in ganz Europa in die Lage versetzen, ihr Brandschutzniveau unabhängig von der nationalen oder lokalen Gesetzgebung zu erhöhen.

Small Business Act
Klaus-Heiner Lehne, deutsches Mitglied des Europäischen Parlamentes, präsentierte den HOTREC-Mitgliedsverbänden die letzten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Small Business Act und dem Europäischen Unternehmensrecht. Die Teilnehmer der HOTREC-Vollversammlung unterstützten diese Initiativen und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der Rat die Kommissionsvorschläge ohne größere Änderungen annehmen möge.

Hotelbewertungsportale
Um das Agieren der Unternehmen in der digitalen Welt, sprich im Internet, zu erleichtern, startete HOTREC im letzten Jahr eine Dialoginitiative mit den relevanten Hotelbewertungsportalen in Europa. In Prag diskutierten nun die fünf Marktführer in Europa HolidayCheck (CH), HRS (D), TripAdvisor (US/UK), Trivago (D) und Zoover (NL) unter der Seminarleitung von Markus Luthe die von HOTREC erarbeiten „10 Prinzipien“ und konnten eine große inhaltliche Übereinstimmung feststellen. David Mair, Leiter der Abteilung für Verbrauchermärkte der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission begrüßte diese aktive Kooperation zwischen den unterschiedlichen Marktteilnehmern ausdrücklich und erläuterte den europäischen Rechtsrahmen auf diesem Gebiet.

Wahlen
Anlässlich der 58. Vollversammlung standen in Prag ferner die Wahlen eines neuen Präsidenten, eines Vizepräsidenten, eines Schatzmeisters und Teilen des Exekutivkomitees auf der Tagesordnung. Nach den jeweils einstimmig erfolgten Wahlen setzt sich das Exekutivkomitee von HOTREC im Jahr 2009 wie folgt zusammen:

Präsident: Kent Nyström (Schweden)
Vize-Präsident: Joan Gaspart (Spanien)
Schatzmeisterin: Susanne Kraus-Winkler (Österreich)
Mitglieder: Didier Chenet (Frankreich), Marinus Cordesius (Niederlande), Ákos Niklai (Ungarn), Evalda Siskauskiene (Litauen)

Das Mandat von Bernd Geyer (Deutschland) als Präsident der HOTREC wird nach vier Jahren Ende Dezember 2008 ablaufen. Mit Bernd Geyer wurde in Prag erstmals in der Geschichte des europäischen Dachverbandes HOTREC ein ausscheidender Präsident mit dem Titel des „Ehrenpräsidenten“ als Auszeichnung für seinen herausragenden und langjährigen Einsatz für die Belange des Gastgewerbes in Europa geehrt. Bernd Geyer gestaltete die Arbeit der HOTREC seit ihrer Gründung im Jahr 1979 entscheidend mit.

Die nächste HOTREC-Vollversammlung findet vom 7. bis 9. Mai 2009 in Stockholm statt.

Bernd Geyer (r), der übergibt den Staffelstab an Kent Nyström. (Foto: DEHOGA/Hotelverband Deutschland)


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